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Die Predigt |
Wie Flasche leer
(Mit einer leeren Mineralwasserflasche vor der Gemeinde. Frei formulierte
Gedanken:)
Es gibt nichts Trostloseres als eine leere Mineralwasserflasche. ...
Trappatoni: „Wie Flasche leer.“ ...
Wie kommt es, dass Männer – wie kommt es, dass Menschen
kraftlos und leer sein können wie eine leere Flasche?
Überforderung im Beruf ...
Durch ehrenamtliches Engagement ...
Wenn überhaupt die Kraft weniger wird ...
Alle zerren an einem: Beruf, Familie, Freunde, Hobbys, Vereine. Und
wo bleibe ich?
Kurzum: Wenn jemand das Gefühl hat, er muss mehr geben, als er
bekommt. Das Gefühl, er muss immer nur geben. Aber wo kann er
sich wieder Kraft holen? Wo sind die Quellen, wo er schöpfen
kann? Wo kann er seinen Akku wieder aufladen?
Wasser gegen die Leere
(Mit der leeren Flasche zur Kanzel. Die Flasche abstellen.)
Ähnliche Bilder verwendet Jesus:
37 Aber am letzten Tag des Festes, der der höchste war,
trat Jesus auf und rief: Wen da dürstet, der komme zu mir und
trinke! 38 Wer an mich glaubt, wie die Schrift sagt, von dessen Leib
werden Ströme lebendigen Wassers fließen. 39 Das sagte
er aber von dem Geist, den die empfangen sollten, die an ihn glaubten;
denn der Geist war noch nicht da; denn Jesus war noch nicht verherrlicht.
Am Laubhüttenfest ist Jesus wie viele andere Pilger in Jerusalem
im Tempel: Zum Fest gehörte eine Wasserspende der Priester, die
sieben mal mit aus der Quelle Siloah geschöpftem Wasser um den
Altar herumgelaufen sind. Am Altar wurde das Wasser in eine Opferschale
gegossen.
Es war ein Zeichen der Dankbarkeit ähnlich wie bei unserem Erntedankfest,
dem das Laubhüttenfest entspricht. Wasser als eine der wichtigsten
Schöpfungsgaben: Wir haben das im Familiengottesdienst zum Erntedankfest
bedacht. Und in Israel weiß man ja von der Bedeutung und vom
Wert des Wassers noch unendlich viel mehr als wir in unseren Breiten.
Jesus ist auf dem Laubhüttenfest. Und inmitten der Menge lenkt
er die Aufmerksamkeit auf sich. Wir wissen es nicht genau, aber vielleicht
ruft er seine Worte genau in dem Moment, wo die Priester die Wasserspende
darbringen. Es wäre eine weitere Provokation gegen den Tempeldienst
gewesen, so wie bei der Tempelreinigung.
Deutlicher als die drei anderen Evangelien betont das Johannesevangelium,
dass in Jesus Gott selber am Werk ist. Immer wieder legt das Johannesevangelium
den Finger in die Wunde, dass die Menschen damals Gott sozusagen in
ihren Kult, in ihre religiösen Feiern eingesperrt haben. In Jesus
will er ihnen sozusagen life begegnen, aber ihnen ist nur wichtig,
dass alles seinen geordneten kultischen Gang geht.
Jesus als Marktschreier
„Wen da dürstet, der komme zu mir und trinke!“ Jesus
macht Werbung. Wie ein Marktschreier, der seine Ware anzubieten hat,
stellt er sich in die Menge. Wie ein orientalischer Wasserverkäufer
bietet er lautstark an, was er zu verkaufen hat.
Aber Jesus ist kein Wasserverkäufer. Er hat Wasser in einem anderen
Sinn anzubieten: Lebenswasser, das nicht den äußeren Durst
stillt, sondern Lebenswasser, das den Lebensdurst, die Sehnsucht nach
Leben, nach Kraft, nach Befriedigung, nach Glück, nach Sinn,
nach Geborgenheit ... stillt.
Wie kann man bei ihm trinken, wenn es ja gar nicht um das Trinken
in einem äußeren Sinn geht? Wie kann man Kraft schöpfen?
Wie kann man den leeren Akku wieder aufladen?
Sich wieder neu füllen lassen
(Mit der leeren Flasche zum Altar und zum Taufstein. Frei formulierte
Gedanken:)
In der Gemeinschaft eines Gottesdienstes wie heute morgen ...
Im Gebet zu ihm kommen. ...
In der Stille der Meditation ...
In der Gemeinschaft: in seinem Wort. In einem Gottesdienst mit Salbung
und Segnung wie heute Abend in der Magdalenenkirche. ...
Indem man sich der Zusagen Gottes in der Taufe erinnert. In der Taufe
ist Lebenswasser über einen jeden ausgegossen worden. Mit der
Taufe hat Gott seine Begleitung zugesagt.
(Taufwasser in die leere Flasche gießen)
(zur Kanzel zurück)
Als Erfüllte etwas weitergeben
38 Wer an mich glaubt, wie die Schrift sagt, von dessen Leib werden
Ströme lebendigen Wassers fließen.
Wer auf solche Art Kraft bekommt, der kann sie dann nicht für
sich behalten, sondern der wird von sich aus auch wieder zugehen auf
die, die welche suchen: Sozusagen „Wasserverkäufer“
im Auftrag Jesu werden.
Seine Erfahrungen miteinander teilen. Mit seinen Überzeugungen
nicht hinter dem Berg halten.
Den Glauben nicht zerknirscht oder verklemmt oder miesepeterich leben,
sondern ansteckend.
Um im Bild zu bleiben: Lebenswasser, lebendiges Wasser, das war damals
fließendes Quellwasser statt des üblichen Zisternenwassers.
Also: Versuchen, so zu leben, dass bei anderen der Glaube nicht wie
abgestandenes Wasser ankommt, sondern frisch und lebendig.
Sich beschenken lassen
Und dann sagt vielleicht jemand: Das kann ich nicht. Ich kann nicht
reden, v.a. nicht über solche persönlichen Dinge. Und es
stimmt: Man kann es eigentlich nicht aus sich selbst, aus eigener
Kraft.
39 Das sagte er aber von dem Geist, den die empfangen sollten,
die an ihn glaubten.
Von seinem Glauben etwas erzählen und weitergeben. Von seinen
Lebenserfahrungen berichten. Man kann es nicht einfach aus sich selbst.
Man kann es nur als Beschenkter. Man kann es, wenn man Gottes Heiligen
Geist an sich wirken lässt.
Und: Man soll nicht krampfhaft überlegen, mit welchen hochgestochenen
Worten man es sagt, sonder reden, wie einem der Schnabel gewachsen
ist. Das ist viel überzeugender, oft überzeugender als die
Worte und die Wortwahl der Studierten.
Nach den Quellen der Kraft haben wir gefragt. Machen Sie sich immer
wieder auf die Suche danach. Rechtzeitig, nicht erst, wenn Sie schon
ganz ausgetrocknet sind.
Und wenn Sie solchen Quellen der Kraft kennen und erfahren haben,
dann verschweigen Sie sie anderen nicht. |
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