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Die Predigt |
„Komm, bau
ein Haus“
Komm, bau ein Haus, das uns beschützt, / pflanz einen Baum,
der Schatten wirft, / und beschreibe den Himmel, der uns blüht,
/ und beschreibe den Himmel, der uns blüht.
Ein Lied vom Kirchentag 1977 in Berlin unter dem Motto „Einer
trage des anderen Last“. Es geht um das Miteinander, um gelingende
Gemeinschaft, um eine gelungene Gemeinschaft. Ein Lied für den
heutigen Tag. Ein Lied für diese Siedlung:
Wir pflanzen heute Nachmittag einen Baum, einen Erinnerungsbaum.
Wir besinnen uns auf die, die vor 75 Jahren begonnen haben, ihre Häuser
zu bauen.
Wir wollen über alldem den Himmel, wir wollen Gott nicht vergessen.
Vielleicht stand bei der Entstehung dieses Liedes auch die alte deutsche
Vorstellung Pate, dass ein Mann einmal in seinem Leben ein Haus bauen,
einen Baum pflanzen und ein Kind zeugen müsse.
Oder man dachte an das, was die Propheten des Alten Testaments von
der kommenden Heilzeit sagten, dass dann ein jeder in Frieden vor
seinem Haus unter seinem Ölbaum sitzen werde.
Ein Dach über dem Kopf
„Komm, bau ein Haus, das uns beschützt“. Dach über
dem Kopf, eigenes Haus, eigene vier Wände, Zuhause, Heimat war
die Vision derer, die vor 75 Jahren begonnen haben, ihre Häuser
zu bauen, indem sie ab Januar 1933 mit der Kohlenschaufel den eigenen
Keller ausgehoben und am Buchstein den Sand für ihre Häuser
gebrochen haben.
Heimstätten, ein eigenes Heim, ein eigenes Zuhause hatte das
Reichsheimstättengesetz des Jahres 1920 im Sinn.
Ein Haus als Schutzraum für große Familien, die schon mit
vielen Kindern kamen, oder sie dann hier bekommen haben.
„Komm, bau ein Haus.“ Es war wirklich ein gemeinsames
Bauen, wo einer den anderen angestachelt und einer dem anderen geholfen
hat.
Der Himmel als Dach
„Beschreibe den Himmel, der uns blüht“. Das verstehe
ich heute an diesem Tag sehr vielfältig: Zum einen so, dass über
allem unseren Bauen und Feiern der Himmel, also Gott, nicht vergessen
wird.
75 Jahre blüht Gottes Himmel über diesem Stadtteil. Das
sind 75 Jahre Bewahrung vor größeren Katastrophen. Wir
kennen es Gott sei Dank nur aus den Nachrichten, dass Stürme
oder Feuer den Menschen das Dach über dem Kopf nehmen, und Wasser
und Erdbeben ihnen den Boden unter den Füßen wegziehen.
Am Ende blüht uns, am Ende winkt uns der Himmel, das hat für
mich aber auch seinen viel tieferen Sinn: Häuser sind Heimat,
aber sie sind Häuser auf Zeit. Das endgültige Haus, die
endgültige Heimat steht und blüht woanders. Und jede Generation
neu muss einmal diese irdische Heimat mit der himmlischen tauschen,
damit ein Haus für eine nächste Generation zu einer Heimat
werden kann. Und hoffentlich vergisst die je nächste Generation
nicht, was die vorhergehenden alles in ein solches Haus investiert
haben.
„Komm, bau ein Haus, das uns beschützt.“ Wir hören
uns diesen Refrain einmal von der Orgel an und singen ihn dann miteinander.
Die Tiere gehören dazu
„Komm, bau ein Haus, das uns beschützt.“ Ein Lied
von gelingender Gemeinschaft. Was alles zu gelingender Gemeinschaft
gehört, sagen die Strophen: Tiere gehören dazu. Kinder gehören
dazu. Alte Menschen gehören dazu. Sie haben ihren Platz. Sie
müssen ihren Platz haben. Sie bereichern die Gemeinschaft.
Was unterscheidet – nicht immer, aber oft genug – das
Wohnen in der Innenstadt vom Wohnen hier: keine Tiere, kein Garten,
wenig Kinder, und die Alten im Heim.
1. Lad viele Tiere ein ins Haus / und füttre sie bei unsrem
Baum, / lass sie dort munter spielen, / wo keiner sie in Kreise sperrt
/ lass sie dort lange spielen, / wo der Himmel blüht.
Selbstversorgung war Ziel und Auftrag allen Bauens vor 75 Jahren,
ja sogar Bedingung für das Darlehen in Höhe von 3.200 Reichsmark,
das allen damals gewährt wurde. Kleintierhaltung war zwingend
vorgeschrieben. Und mancher hatte in seinem kleinen Stallanbau durchaus
auch ein größeres Tier stehen.
Bei vielen ist heute davon nur noch der Haus- und Hofhund übrig
geblieben. Selbstverständlich darf er, wie es das Lied sagt,
dann an dem Baum, den wir heute Nachmittag am Kirchplatz pflanzen,
munter spielen. Schön wäre es aber auch, wenn die zugehörigen
Herrchen und Frauchen mehr auf die damit verbundenen Hinterlassenschaften
achten würden. Für die Menschen, die den Rasen vor unserer
Kirche pflegen, und für die Kinder und Jugendlichen, die sich
hier versammeln, sind sie oft genug ein Ärgernis, das bei gutem
Willen nicht unbedingt sein müsste.
„Komm, bau ein Haus.“ Wir singen wieder den Refrain des
Liedes miteinander und dann den ersten Vers dazu.
Die Kinder gehören dazu
2. Lad viele Kinder ein ins Haus / versammle sie bei unsrem Baum,
/ lass sie dort fröhlich tanzen, / wo keiner ihre Kreise stört,
/ lass sie dort lange tanzen, / wo der Himmel blüht.
Tanzende und springende Kinder haben wir gestern beim Fest schon erlebt
und wir werden sie auch heute wieder erleben, nicht nur im Festzug.
Kinder sind der Reichtum unserer Familien und unserer Gemeinde. Kindergarten
und Schule und die Kinder- und Jugendangebote der Vereine sind tragende
Säulen unserer Gemeinschaft. Kinderangebote liegen auch unserer
Kirchengemeinde seit Jahren schon am Herzen. Und auch die Verantwortung
für unsere Jugendlichen haben wir uns bewusst zu Herzen genommen
und bitten um die Mithilfe aller. (Mehr dazu übrigens heute Nachmittag
am Stand der Kirchengemeinde. Und auch die Kollekte des heutigen Gottesdienstes
ist für die Jugendarbeit bestimmt.)
Es ist ein Segen, wie Kinder hier bei uns aufwachsen können,
ohne dass jemand ihre Kreise unnötig einengt oder stört.
Große Grundstücke, wenig Verkehr und die umgebende Natur
machen es möglich und sind ein Segen. Den damaligen Stadtvätern
ist die Konzeption dieser Siedlung sicher gut gelungen und die heutigen
Stadtväter haben durch Spielplätze und Kindergartensanierung
das ihre getan. Jetzt würde nur noch ein Platz fehlen, wo unsere
Jugendlichen ihren Bewegungstrieb sinnvoll befriedigen und ausleben
können. Wo sie Platz haben und ihre Kreise ziehen können.
„Komm, bau ein Haus.“ Wir singen wieder den Refrain des
Liedes miteinander und dann den zweiten Vers dazu.
Die Alten gehören dazu
3. Lad viele Alte ein ins Haus / bewirte sie bei unsrem Baum,
/ lass sie dort frei erzählen, / von Kreisen, die ihr Leben zog,
/ lass sie dort lang erzählen, / wo der Himmel blüht.
Gott sei Dank haben alte Menschen bei uns Platz und gehören zum
Leben unseres Stadtteils. Gott sei Dank reichen ein bis zwei Hände,
um abzuzählen, wie viele Seniorinnen und Senioren aus unserer
Gemeinde im Heim wohnen. Der Großteil ist zu Hause. Das Haus,
das Heim, das sie gebaut haben, bleibt ihr Heim bis zuletzt.
Und auch, was diese Generation angeht, arbeiten Vereine und Kirchengemeinde
in einer guten Weise zum Wohl aller zusammen. Nicht nur die Kinder,
sondern auch die Alten sind ein Schatz der Gesellschaft, vor allem,
was die Summe ihrer Erfahrungen angeht.
Gestern Abend beim Vortrag war schon Gelegenheit, von den Kreisen
zu erzählen, die das Leben gezogen hat. Und auch beim anschließenden
Fest heute wäre es schön, wenn möglichst viel erzählt
würde, wenn möglichst viele Junge den Alten zuhören
würden.
„Komm, bau ein Haus.“ Wir singen wieder den Refrain des
Liedes miteinander und dann den dritten Vers dazu.
Möge uns der Himmel blühen
4. Komm, wohn mit mir in diesem Haus / begieße mit mir diesen
Baum, / dann wird die Freude wachsen, / weil unser Leben Kreise zieht,
/ dann wird die Freude wachsen, / wo der Himmel blüht.
Möge das Leben in unserem Stadtteil noch viele Jahre Kreise ziehen.
Möge der Himmel über uns blühen und uns gnädig
sein.
Möge noch oft ein Regenbogen als Zeichen der Treue Gottes sich
über uns ausspannen.
Mögen unsere Häuser gesegnet sein und unsere Bäume
ihre Früchte tragen.
Möge die Arbeit unserer Vereine und unserer Gemeinde glücken.
Möge der heutige Festtag von Freude und Gemeinschaft geprägt
sein.
Noch einmal singen die vier Strophen dieses Liedes und sammeln dazu
die Kollekte für die Jugendarbeit unserer Kirchengemeinde ein. |
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