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Die Predigt |
(Vorbemerkung: Theologisch
ist das eigentliche Thema des Abschnitts das Nachdenken über
Gottes Gerechtigkeit ähnlich wie im Buch Hiob. Von den Predigthörern
her habe ich mich an diesem Tag für das Nebenthema Gebet entschieden.)
Frech mit Gott reden?
Darf man so mit Gott reden? So vertraut wie mit einem Kumpel? Darf
man sich so frech, ja so respektlos vor Gott hinstellen? Darf man
mit Gott handeln? Schachern?
Hier steht: Abraham darf es, weil Gott etwas Besonderes mit ihm vorhat.
Weil Gott etwas mit ihm vorhat, weiht er ihn sozusagen in seine Pläne
ein: Er will Sodom und Gomorra vernichten, weil die Menschen dort
durch und durch gottlos sind.
Mit Gott reden, weil er selbst nahe kommt
Aber es gibt auch noch einen anderen Grund in dieser Geschichte, weswegen
sich Abraham so vor Gott hinstellen kann: Gott begegnet hier und in
der vorherigen Geschichte dem Abraham und seiner Frau Sara in Menschengestalt.
Er begegnet ihnen in der Form von drei Fremden, die zu Besuch kommen
und von ihnen gastfreundlich aufgenommen werden. Es ist nicht ganz
klar, wie es genau gemeint ist: Ob man sich Gott mit zwei Begleitern
vorstellen soll oder ob da schon bewusst das Geheimnis der Dreieinigkeit
angedeutet ist.
Also nur deswegen, weil Gott selbst hier den Abstand zwischen Gott
und Mensch, zwischen Schöpfer und Geschöpf aufhebt, kann
Abraham so menschlich, so burschikos mit Gott reden.
Es ist ihm wohl bewusst, dass das eigentlich nicht geht: Vers 27:
Abraham antwortete und sprach: Ach siehe, ich habe mich unterwunden,
zu reden mit dem Herrn, wiewohl ich Erde und Asche bin.
Wir sind nicht Abraham. Dürfen wir so vertraut mit Gott reden?
Ja, wir dürfen: Denn mehr noch als in dieser alttestamentlichen
Geschichte ist Gott im Neuen Testament den Menschen, uns Menschen
nahe gekommen. Gott begegnet uns in Jesus Christus. Nicht wir treten
frech vor ihn hin. Er selbst kommt uns nah.
Erfüllt Gott alle Wünsche?
So ist für mich diese Geschichte von Abraham eine Ermutigung
zu frechem Gebet. Eine Ermutigung, geduldig und hartnäckig mit
Gott zu reden und nicht gleich aufzugeben.
Heißt das nun: Ich bekomme alles von Gott, wenn ich nur laut
und lange und hartnäckig genug schreie?
Das steht nicht da. In dieser Geschichte bittet Abraham nicht eigennützig
oder egoistisch. Es geht nicht darum, was er will und braucht. Er
denkt an andere. Er legt für andere ein Wort ein.
Auch im Neuen Testament hören wir davon, dass Menschen sich ähnlich
frech und hartnäckig mit ihren Bitten an Jesus wenden und Gehört
finden. Aber auch sie bitten für andere, z.B. für ihr krankes
Kind.
Als Beispiel die sog. Erzählung vom bittenden Freund:
5 Und Jesus sprach zu ihnen: Wenn jemand unter euch einen Freund
hat und ginge zu ihm um Mitternacht und spräche zu ihm: Lieber
Freund, leih mir drei Brote; 6 denn mein Freund ist zu mir gekommen
auf der Reise, und ich habe nichts, was ich ihm vorsetzen kann, 7
und der drinnen würde antworten und sprechen: Mach mir keine
Unruhe! Die Tür ist schon zugeschlossen, und meine Kinder und
ich liegen schon zu Bett; ich kann nicht aufstehen und dir etwas geben.
8 Ich sage euch: Und wenn er schon nicht aufsteht und ihm etwas gibt,
weil er sein Freund ist, dann wird er doch wegen seines unverschämten
Drängens aufstehen und ihm geben, soviel er bedarf.
Ähnlich wie bei Abraham. Eigentlich wäre es frech und unverschämt,
einen Nachbarn mitten in der Nacht aus dem Bett zu holen. Aber weil
er ein guter Freund und Nachbar ist und weiß, dass der andere
nicht ohne triftigen Grund etwas braucht, schenkt er ihm Gehör.
Und so kann Martin Luther sagen: Beten ist Reden mit Gott wie mit
einem guten Freund.
Und dann endet die Erzählung vom bittenden Freund mit den bekannten
und ermutigenden Worten:
9 Und ich sage euch auch: Bittet, so wird euch gegeben; suchet,
so werdet ihr finden; klopfet an, so wird euch aufgetan. 10 Denn wer
da bittet, der empfängt; und wer da sucht, der findet; und wer
da anklopft, dem wird aufgetan.
Gott lässt mit sich reden
Deswegen möchte ich die Geschichte von Gott und Abraham zusammenfassen
in diesen einen Satz: Gott lässt mit sich reden.
Gott lässt mit sich reden. Er ist nicht der mächtige Tyrann,
der alles schon ewig vorher festgelegt hat, so dass es wie in einer
Art himmlischem Drehbuch abläuft. Wie in einem Drehbuch, an dem
er selbst nichts mehr ändern kann. Gott hört. Er lässt
mit sich reden.
Oder wie es Dietrich Bonhoeffer so treffend formuliert hat: Gott hört
alle unsere Gebete, aber er erfüllt nicht alle unsere Wünsche. |
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