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predigt[e].de

Die Predigt vom 2. August 2009 (8. Sonntag nach Trinitatis):
»Mich soll Gott brauchen können!«

Kirchenjahr
Informationen zum Kirchenjahr
Der Ort der Predigt im Kirchenjahr
Die Evangelische Kirche beging den 8. Sonntag nach Trinitatis. Sein Thema ist das bewusste christliche Leben. Evangelium (1. Lesung) und Predigttext (s.u.) war die Rede Jesu von den Christen als Salz und Licht und Epistel (2. Lesung) das Leben als Kinder des Lichts.
Predigttext
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Der Predigttext
13 Ihr seid das Salz der Erde. Wenn nun das Salz nicht mehr salzt, womit soll man salzen? Es ist zu nichts mehr nütze, als dass man es wegschüttet und lässt es von den Leuten zertreten. 14 Ihr seid das Licht der Welt. Es kann die Stadt, die auf einem Berge liegt, nicht verborgen sein. 15 Man zündet auch nicht ein Licht an und setzt es unter einen Scheffel, sondern auf einen Leuchter; so leuchtet es allen, die im Hause sind. 16 So lasst euer Licht leuchten vor den Leuten, damit sie eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen. (Matthäus 5,13-16)
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Die Predigt
Brot ohne Salz?

Haben Sie schon einmal ein Brot gegessen, in dem kein Salz war?
Einmal in meiner Kinderzeit erinnere ich mich an ein Brot, bei dem der Dorfbäcker das Salz vergessen hatte: Das Brot sah aus, wie im¬mer. Das Brot roch wie immer. Die Rinde war knusprig wie immer. Doch beim besten Willen: Ich konnte es nicht essen.
Für mich als Kind war das damals eine ganz eindrückliche Erfahrung: Dass man etwas nicht merkt, wenn es da ist, aber umso mehr merkt, wenn es fehlt. (Nebenbemerkung: So ähnlich ist es ja auch mit der Gesundheit.) Wer nicht weiß, dass im Brot Salz ist, der wundert sich, denn man schmeckt es ja nicht. Wenn man das Salz im Brot herausschmecken würde, wäre ja auch etwas schief gelaufen. Doch wenn es dann fehlt, merkt man, wie wichtig es ist.
Das Salz: Es ist unentbehrlich für das menschliche Leben. Nicht nur wegen des Geschmacks. Es gäbe ohne Salz kein Leben auf dieser Erde, zumindest kein Leben in der Art, wie wir es heute kennen. Schon im kleinsten Bereich unserer Zellen würde unser Körper ohne Salz nicht funktionieren. Ohne Salz gäbe es kein Leben, so wie es ohne Sauerstoff, ohne Wasser, ohne Licht usw. kein Leben gäbe. Doch wie so oft im Leben: Richtig dosiert muss es sein.

Christen: unentbehrlich wie das Salz

Diesen Gedanken von der Unentbehrlichkeit des Salzes nimmt Jesus nun her, um seine Jünger anzusprechen: „Ihr seid das Salz der Erde." So wie das Salz zum Leben nötig ist, so seid ihr nötig für diese Welt. Ohne Euch wäre die Welt fad. Es würde ihr etwas Entscheidendes fehlen. Ja, sie könnte nicht funktionieren.

Und dann dieser so unlogische und rätselhafte Gedanke: „Wenn nun das Salz nicht mehr salzt, womit soll man salzen?" Was meint Jesus damit? Es gibt kein Salz, das nicht salzig ist. Salz kann nicht seine Salzkraft verlieren.
Die einen verstehen es so: Jesus warnt davor, dass die Christen, die für diese Welt so wichtig sind wie das Salz, auf einmal gar nicht mehr zu schmecken und zu merken sind. Es gibt sie zwar, aber sie bewirken nichts. Salzloses, kraftloses, überflüssiges Salz in einem übertragenen Sinn.
Andere verstehen es so, dass sie sagen: Ein Salz, das nicht salzt, ist Unsinn. Ist es Salz, dann salzt es auch. Salzt es nicht, dann ist es kein Salz, sondern irgendein anderer Stoff. Genauso ist ein Christ, der in seiner Umwelt nicht zu sehen und zu spüren ist, ein Unfug. Ist er ein Christ, dann bewirkt er etwas. Bewirkt er nichts, dann kann er kein Christ sein.

Christen: wichtig wie das Licht

Und Jesus sagt es seinen Jüngern noch in einem anderen Bild. „Man zündet auch nicht ein Licht an und setzt es unter einen Scheffel.“ Also: Stellt Euch vor, jemand braucht Licht und sucht eine Kerze.
Zwischenbemerkung: Wenn damals jemand zur Zeit Jesu Licht machen wollte, dann hat er normalerweise eine Öllampe angezündet. Wir stellen uns das Ganze mit einer Kerze vor. Und nebenbei fällt uns vielleicht ein, wie selbstverständlich wir heute das elektrische Licht einschalten. Noch so eine Sache, die man erst so richtig merkt, wenn sie einmal fehlt.
Also: Jemand braucht Licht. Er zündet eine Kerze an. Er stellt sie hin und stülpt einen Eimer darüber. (Ein Scheffel zu Luthers Zeiten, das war ein Holzeimer.) … Kompletter Unsinn! Er hat nun zwar Licht. Er hat seine Kerze. Doch erstens ist sie nicht zu sehen. Und zweitens wird sie wegen Sauerstoffmangels schnell ausgehen.
Also: Derselbe Unsinn ist nach Jesus ein Christ, von dem niemand merkt, dass er einer ist. Ein Christ, der nicht zu sehen ist. Ein Christ, um den herum es dunkel ist.

Merkt man uns unser Christsein an?

Inzwischen machen sich vielleicht die ersten ihre Gedanken. Bibelworte sind ja nicht allgemeine Weisheiten, sondern meinen immer die Menschen. Dich und mich.
Hat inzwischen jemand von Ihnen vielleicht schon heimlich gefragt: Bin ich da gemeint? Meint Jesus mich? Merkt meine Familie überhaupt, merken meine Nachbarn, meine Arbeitskollegen, meine Freunde, dass ich ein Christ bin? Bin ich im Alltag so etwas wie das Salz in der Suppe oder das Licht im Dunkeln?
Und die noch größere Anfechtung: Wenn es überhaupt nicht auffällt, dass ich ein Christ bin, bin ich dann überhaupt einer?

Das tiefere Geheimnis dieser Worte Jesu ist gar nicht leicht in einer Predigt zu vermitteln. Entscheidend ist nämlich, dass keine Moralpredigt daraus wird:
Jesus sagt die Worte vom Salz und vom Licht gerade nicht, um seinen Jüngern damals oder uns heute ein schlechtes Gewissen zu machen. Er sagt nicht: „Seht zu, bemüht euch, dass Ihr Salz der Erde und Licht der Welt seid. Strengt euch an. Tut etwas. Und wehe, wenn Ihr nichts bewirkt. Wehe, wenn man Euch nicht spürt! Dann kann man Euch gleich wegschmeißen.“
Nein, er sagt ganz einfach und kurz: „Ihr seid es. Ihr seid Salz. Ihr seid Licht." Jesus will nicht ent-mutigen, sondern er-mutigen: „Ihr seid es, so wie Ihr von Gott erschaffen seid, und als Getaufte, denen der Hl. Geist geschenkt ist. So wie ihr seid, werdet ihr gebraucht."

Ein Lob geht runter wie Öl

Das ist so ähnlich, wie wenn einem jemand ein dickes Lob, ein Kompliment ausspricht. Kennen Sie das: Es ist ja gar nicht so leicht, als gut erzogener Mensch ein Lob anzunehmen. Lob macht verlegen. Man will, man soll sich ja nichts anmerken lassen. Wir drucksen dann herum und bringen das Gespräch lieber auf ein anderes Thema. Und trotzdem: Heimlich und still gehen uns die Worte runter wie Öl. Jeder Mensch braucht immer wieder ein Lob. Ein Mensch, der nicht gelobt wird, ein Mensch, der kein gutes Wort hört, geht seelisch langsam ein wie das sprichwörtliche Primelchen. Und andererseits: Ein Lob, eine Kompliment, ein Streicheln über die Seele oder auch über den Kopf setzen in einem Menschen oft ungeahnte Kräfte frei. Kräfte, die da waren, aber verborgen und verschüttet.

Mich soll Gott brauchen können?

„Ihr seid Licht. Ihr seid Salz. Ihr könnte etwas. Ihr seid unverzichtbar. Ihr werdet gebraucht, so wie ihr seid. In der Gemeinde, in der Familie, in der Nachbarschaft, in der Welt." Wenn uns diese Worte Jesu doch auch runtergehen könnten wie Öl und ungeahnte Kräfte freisetzen, die in einem jeden von uns stecken.
Wie viele bremsen sich selber: „Mich soll Gott brauchen können? Mich? Was kann ich denn schon?" Wie viele entmutigen sich, indem sie meinen, man müsse immer gleich ein christlicher Weltmeister sein. Schauen wir uns doch die Jünger an, zu denen Jesus das damals sagte: „Ihr seid Salz. Ihr seid Licht." Wie oft heißt es z.B. von ihnen: „Sie aber begriffen nichts davon, und der Sinn der Rede war ihnen verborgen, und sie verstanden nicht, was damit gesagt war." (Lukas 18,34)

Es ist ähnlich wie im Sport: Wenn wir alle Profis oder gar Weltmeister sein müssten, dann dürfte es keine Freizeitsportler geben.
Es geht auch beim Christsein nicht darum, etwas Besonderes zu sein, sondern die ungeahnten kleinen oder auch großen Kräfte zu entdecken, die in einem jeden stecken, weil Gott sie in einen hineingelegt hat.
Und auch das andere, was manchmal entmutigt: Salz für die ganze Erde. Licht für die ganze Welt zu sein. Ist das nicht ein wenig viel verlangt?
„So lasst euer Licht leuchten vor den Leuten, damit sie eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen." „Vor den Leuten." sagt Jesus. Also einfach vor denen, mit denen man im Alltag zusammenkommt:
Es würde ja schon reichen, wenn wir als Kirchengemeinde Licht für die Umgebung wären. Es würde schon reichen, wenn jemand Licht für seine Familie, für seinen Nachbarn, für seinen Arbeits- oder Vereinskollegen wäre. Das ist schon schwer genug. Aber - wenn ich Jesus recht verstanden habe, wir können es.

Es beginnt übrigens viel unscheinbarer, als man denkt: Wenn ich nur Sie heute Morgen anschaue: (Jemand anderes ist ja nicht da.) Sie sind allein dadurch schon Licht der Welt, sie sind allein dadurch schon sichtbar, dass Sie sich heute am Sonntagmorgen auf den Weg hierher gemacht haben. Denken Sie nicht, dass die Nachbarn das nicht sehen und registrieren, wohin jemand am Sonntagmorgen seine Schritte führen.
Also seien Sie ruhig ein klein wenig stolz auf sich, und verstecken Sie sich auch in der kommenden Woche nicht. Lassen Sie sich ermutigen. Sie können und Sie sind mehr, als Sie manchmal denken. — Sage nicht ich, sondern sagt Jesus. Amen

Michael Thein • Pfarrer • Kaulbachstraße 2b• 95447 Bayreuth • Tel. 0921-65378 • Fax 03222-2426857

mic.thein@t-online.de www.michael-thein.de