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Die Predigt |
„Sport
ist im Verein am schönsten“
"Sport ist im Verein am schönsten." So stand vor Jahren
in einer deutschlandweiten Aktion auf allen großen Plakatwänden.
Es war damals der Leitsatz des Deutschen
Sportbundes. Heute heißt es "Sport tut gut". Aber
das Motto von damals hat immer noch seine Berechtigung: Die Zeitgenossen
wollen sich nicht mehr so wie früher an eine Gemeinschaft binden.
Mit dieser Tatsache müssen alle Vereine, alle politische Parteien,
Gewerkschaften und auch die Kirchen heute wohl oder übel leben.
Alle betrifft der Mitgliederschwund – je größer sie
sind, desto stärker. Alle trifft der Trend zur Vereinzelung.
Man hat aber auf der anderen Seite auch festgestellt, dass sich noch
nie so viele Menschen sportlich betätigt haben wie heutzutage.
Doch sie tun es für sich allein oder sie suchen sich die Fitnesscenter,
wo man kommen und gehen kann, wie man will. Man bleibt inkognito und
wird in Ruhe gelassen.
Im Verein muss man sich für länger binden. Im Verein könnte
man ja gefragt werden, ob man sich nicht für eine Wahl aufstellen
lässt. Man könnte ja gefragt werden, ob man nicht helfen
könnte, Jugendliche zu einem Spiel zu fahren. Man könnte
ja gefragt werden, ob man nicht Zeit hätte für einen gemeinsamen
Arbeitseinsatz am Sportplatz oder zur Vorbereitung und Ausrichtung
eines Festes.
Deswegen sollen heute alle die ausdrücklich gelobt werden, die
sich mit ihrer Zeit und Kraft ehrenamtlich für die Gemeinschaft
einsetzen und
ohne die ein solches Fest überhaupt nicht möglich wäre.
Individualismus und Gemeinschaft
Warum sage ich das alles? Sie werden sich denken können, dass
ich nicht nur gekommen bin, um das Ehrenamt im BSC
zu loben. Ich sage es, weil ich den heutigen Predigttext so verstanden
habe. Genauso wie gilt "Sport ist im Verein am schönsten."
gilt nämlich auch: "Glauben ist in der Gemeinde am schönsten."
Auch eine Kirchengemeinde muss damit leben, dass mancher, wenn überhaupt,
lieber den Gottesdienst am Radio oder Fernseher miterlebt:
da wird man nicht beobachtet, da kann man zur Not anderes nebenbei
tun, da kann man in Nachthemd oder Unterhose sitzen, wenn man will,
sogar noch im Bett liegen, und da geht auch kein Klingelbeutel herum.
Auch eine Kirchengemeinde muss damit leben, dass sich Menschen heute
ungern an eine Gruppe oder einen Kreis binden. Sie muss damit leben,
dass viele gerne und auch gut singen, dass aber der Schritt in einen
Kirchenchor doch eine hohe, eine sehr hohe Hürde ist.
Auch eine Kirchengemeinde muss damit leben, dass Menschen der jüngeren
und mittleren Generation mit der Frage nach dem Sinn ihres Lebens
umgehen wie mit der Fernbedienung beim Fernsehen: Hier einmal reinschauen,
dort einmal hinzappen. Sich nur die Rosinen herauspicken.
Nach Lust und Laune von einem zum anderen hüpfen. Das Altbewährte
erscheint langweilig. So wie es jedes Jahr eine neue Trendsportart
gibt, so gibt es auch im religiösen Bereich dauernd ein neues
Heilsangebot, mit dem man angeblich glücklich werden kann.
Die Gemeinschaft der ersten Christen
In eine ganz andere Zeit und Welt führt der heutige Predigttext
zurück. Er erzählt von der Art und Weise, wie die ersten
Christen zusammengelebt haben, als sie noch eine kleine Minderheit
waren. Apostelgeschichte Kapitel 2:
41 Die das Wort annahmen, ließen sich taufen. 42 Sie blieben
aber beständig in der Lehre der Apostel und in der Gemeinschaft
und im Brotbrechen und im Gebet. 43 Es kam aber Furcht über alle,
und es geschahen auch viele Wunder und Zeichen durch die Apostel.
44 Alle aber, die gläubig geworden waren, waren beieinander und
hatten alle Dinge gemeinsam. 45 Sie verkauften Güter und Habe
und teilten sie aus unter alle, je nach dem es einer nötig hatte.
46 Und sie waren täglich einmütig beieinander im Tempel
und brachen das Brot hier und dort in den Häusern, hielten die
Mahlzeiten mit Freude und lauterem Herzen 47 und lobten Gott und fanden
Wohlwollen beim ganzen Volk. Der Herr aber fügte täglich
zur Gemeinde hinzu, die gerettet wurden.
Klingt das nicht fast so wie die Erzählungen aus alter Zeit:
Ja früher, da war alles besser. Da gab es noch eine echte Nachbarschaft.
Da hat einer dem andern geholfen. Da hat man sich noch vor der Gartentür
getroffen und unterhalten. Da hat man noch miteinander gesungen und
Musik gemacht.
Sagen, warum sich Gemeinschaft lohnt
Es ist richtig. Die Zeit hat sich gewandelt. Es ist nicht mehr so
wie früher, und man es wohl auch nicht einfach zurückholen.
Doch Jammern oder wehmütiges, nostalgisches Zurückschauen
hilft nichts. Vereine wie auch Kirchengemeinden müssen raus aus
ihrer Schmollecke und Menschen
einladen: Sie müssen erklären können, warum es sich
lohnt, zu einer Gemeinschaft zu gehören. Gemeinschaft trägt.
Gemeinschaft gibt Halt und
Sicherheit. Das gilt auch heute noch. In einem guten Sinne machen
es uns im kirchlichen Raum die Freikirchen vor, wo einer den anderen
kennt,
wo keiner unter den Tisch fällt, wo die Herzlichkeit das überschaubare
Miteinander bestimmt.
So heißt es von den ersten Christen: Sie hielten die Mahlzeiten
mit Freude und lauterem Herzen 47 und lobten Gott und fanden Wohlwollen
beim ganzen Volk.
Die ersten Christen hatten eine große Ausstrahlungskraft. Sie
wirkten einladend und anziehend. Anziehend durch ihre Fröhlichkeit
und ihren Zusammenhalt. Wie steht es mit uns, mit den Vereinen, mit
der Kirchengemeinde? Wirken wir anziehend auf andere? Machen wir Menschen
neugierig, doch einmal vorbei zu schauen? Wenn nicht, dann müssen
wir überlegen, was zu tun ist.
Auch wenn sich die Zeiten gewandelt haben, es lohnt sich, zu einer
Gemeinde zu gehören. Das lese ich aus den Worten des Predigttextes
heraus. An ein paar Versen will ich es verdeutlichen:
Ohne Training geht es nicht
42 Sie blieben aber beständig in der Lehre der Apostel und
in der Gemeinschaft und im Brotbrechen und im Gebet.
Im Dranbleiben und in der Beständigkeit liegt der Segen. Nur
durch beständiges Dranbleiben, auf neudeutsch: durch Training,
tut sich etwas. Das wissen Sportler. Und beim Glauben ist es nicht
anders.
Ist es ein Wunder, wenn jemand nur selten einen biblischen Text liest,
und er für ihn dann nichtssagend bleibt? Ist es ein Wunder, wenn
jemand nur selten betet, und im entscheidenden Moment dann das Gefühl
hat, es hört ihn niemand? Ist es ein Wunder, wenn sich jemand
in einem Gottesdienst unwohl und fremd fühlt, wenn er ihn selten
erlebt?
Die vier Kennzeichen einer christlichen Gemeinde werden hier betont:
Bibel, Gemeinschaft, Abendmahl und Gebet. Vier Kennzeichen, auf denen
großer Segen liegt. Segen, der aber nur durch Beständigkeit
zu erfahren ist.
In der Gemeinschaft tut sich was
43 Es kam aber Furcht über alle, und es geschahen auch viele
Wunder
und Zeichen durch die Apostel.
Glaube in der Gemeinschaft lässt einen auch heute noch Zeichen
und Wunder erleben. Wenn jemand sich in den Glauben einübt, bewegt
sich
etwas und tut sich etwas. Wo Menschen geduldig zugehört wird,
wo
gesegnet wird und die Hände aufgelegt werden, können Menschen
innerlich und äußerlich gesund werden oder neue Kraft bekommen.
Wo gebetet wird, tun sich neue Wege auf.
44 Alle aber, die gläubig geworden waren, waren beieinander
und hatten alle Dinge gemeinsam. 45 Sie verkauften Güter und
Habe und teilten sie aus unter alle, je nach dem es einer nötig
hatte.
Damals kam keiner zu kurz. Damals bekam jeder, was er brauchte. Auch
wer sich heute aktiv zur Gemeinde hält, hat die Chance, nicht
alleine bleiben zu müssen, die Chance zum Gespräch, die
Chance, einmal sein Herz ausschütten zu können, nicht zuletzt
die Chance, eine Unterstützung zu bekommen, eine tätige
Hilfe oder auch Geld.
Wenn wir das wieder besser nach außen hin deutlich machen können,
wenn wir werbender auftreten, missionarischer, dann geschieht vielleicht
auch das, womit der heutige Text endet: Der Herr aber fügte
täglich Menschen zur Gemeinde hinzu, die gerettet
wurden.
In diesem Sinne: "Sport ist im Verein am schönsten."
Und: "Glauben ist in der Gemeinde am schönsten." Amen |
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