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predigt[e].de

Die Predigt vom 12. April 2009 (Ostern):
»Auferstehung: Für das Herz, nicht für den Kopf«

Kirchenjahr
Informationen zum Kirchenjahr
Der Ort der Predigt im Kirchenjahr
Die Evangelische Kirche beging das Osterfest. Sein Thema ist die Auferstehung Jesu. Evangelium (1. Lesung) und Predigttext (s.u.) war die Osterbotschaft nach Markus und Epistel (2. Lesung) die Osterbotschaft des Paulus.
Predigttext
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Der Predigttext
16 1 Und als der Sabbat vergangen war, kauften Maria von Magdala und Maria, die Mutter des Jakobus, und Salome wohlriechende Öle, um hinzugehen und ihn zu salben. 2 Und sie kamen zum Grab am ersten Tag der Woche, sehr früh, als die Sonne aufging. 3 Und sie sprachen untereinander: Wer wälzt uns den Stein von des Grabes Tür? 4 Und sie sahen hin und wurden gewahr, dass der Stein weggewälzt war; denn er war sehr groß. 5 Und sie gingen hinein in das Grab und sahen einen Jüngling zur rechten Hand sitzen, der hatte ein langes weißes Gewand an, und sie entsetzten sich. 6 Er aber sprach zu ihnen: Entsetzt euch nicht! Ihr sucht Jesus von Nazareth, den Gekreuzigten. Er ist auferstanden, er ist nicht hier. Siehe da die Stätte, wo sie ihn hinlegten. 7 Geht aber hin und sagt seinen Jüngern und Petrus, daß er vor euch hingehen wird nach Galiläa; dort werdet ihr ihn sehen, wie er euch gesagt hat. 8 Und sie gingen hinaus und flohen von dem Grab; denn Zittern und Entsetzen hatte sie ergriffen. Und sie sagten niemandem etwas; denn sie fürchteten sich. (Markus 16,1-8)
Predigt
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Die Predigt

Eine schockierende Botschaft

8 Und sie gingen hinaus und flohen von dem Grab; denn Zittern und Entsetzen hatte sie ergriffen. Und sie sagten niemandem etwas; denn sie fürchteten sich.
Wäre das das letzte Wort gewesen, dann wäre das Christentum vielleicht nicht entstanden. Dann säßen wir vielleicht heute nicht hier. Wären die Frauen und die Jünger dem Auferstandenen nicht hinterher noch persönlich begegnet, hätte er sich ihnen nicht gezeigt, wären sie allein auf die Engelsbotschaft angewiesen gewesen, hätten sie wohl nichts begriffen.
Das ist so ähnlich wie bei den beiden Emmausjüngern: Sie kannten die Auferstehungsbotschaft der Frauen, aber sie gehen trotzdem traurig und enttäuscht nach Hause. Froh werden sie erst, Glaubende werden sie erst, als Jesus sich ihnen im Abendmahl zeigt.
Es reicht offensichtlich nicht, wenn die Auferstehungsbotschaft unsere Ohren und unseren Verstand erreicht. Wenn wir nicht erzählen können, wie wir den Auferstandenen als den Lebendigen erfahren haben und jetzt noch erfahren können, wird es nicht richtig Ostern.

Die Auferstehung ist unglaublich


Kein Wunder, dass die letzte ausführliche Umfrage, ob die Deutschen an die Auferstehung Jesu glauben, folgendes Bild ergeben hat: Ein Drittel der Befragten glaubt gar nicht an die Auferstehung. Ein weiteres Drittel glaubt an die Auferstehung, wie sie in der Bibel berichtet wird. Und ein knappes Drittel, dass die Auferstehung nicht wirklich geschehen, sondern nur eine Vision der Jünger gewesen sei.
Die Auferstehung glauben – das ist eine Frage für den Kopf, für den Verstand. Was soll da schon für eine Antwort herauskommen? Sachgemäßer wäre vielleicht die Frage gewesen: Kann man Gott im Alltag erleben?

Sich von einem Toten verabschieden

Aber zurück zu den drei Frauen, bei denen die Auferstehungsbotschaft keine Freude, sondern nur blankes Entsetzen hervorruft. Ich versuche, sie ein wenig zu verstehen:
Der Markus erzählt, sie seien schon in Galiläa seine Anhängerinnen gewesen und wären mit ihm zusammen nach Jerusalem aufs Passafest gepilgert. Zusammen mit anderen Frauen haben sie Freitagnachmittag von ferne der Hinrichtung zugesehen, während dagegen die Jünger alle geflohen waren. Und zwei von ihnen konnten am Abend auch noch beobachten, wie man ihn in ein Felsengrab legte und den Eingang mit einem Rollstein verschloss. Freitagabend aber begann die Sabbatruhe. Sie konnten nichts tun. Sie blieben mit ihrer Trauer allein.
Samstagabend dann, gleich als der Sabbat vorbei ist, kaufen sie ein. Sie besorgen sich alles, was sie brauchen. Während also die Jünger sich noch vor Angst verstecken, fangen die Frauen an, aktiv zu trauern und den Verlust zu verarbeiten. Sie müssen etwas unternehmen, sonst finden sie keinen Frieden.
Gleich am frühen Sonntagmorgen machen sie sich auf den Weg zum Grab. Wohlriechende Öle haben sie besorgt, so sagt Markus, um den Leichnam zu salben. Mit den „wohlriechenden Ölen“ wollen sie ihm einen letzten Liebesdienst erweisen, ihn noch einmal anfassen dürfen, ja auch für kurze Zeit noch den Verwesungsgeruch überdecken, um Abschied nehmen zu können. Sie waren beim Tod nicht direkt dabei. Sie waren bei der überstürzten Grablegung nicht dabei. Sie müssen ihn ganz einfach noch einmal sehen, damit sie wirklich innerlich loslassen und ihren Trauerweg gehen können.

Auch heute noch leiden viele Trauernde darunter, dass sie nicht noch einmal zu einem Verstorbenen hingegangen sind, der nicht zu Hause starb. Man solle einen Menschen lieber so im Gedächtnis behalten, wie man ihn kannte, sagt man oft aus falscher Angst. Eine Angst, die nur selten wirklich begründet ist. Und auch in solchen Fällen kann man heute einen Menschen so herrichten, dass ein Abschiednehmen möglich wird. Gott sei Dank wird eine Aussegnung immer öfter gewünscht. Denn der verdrängte Tod führt allzu oft zu verdrängter Trauer, die dann das weitere Leben hindert.

Eine schockierende Botschaft

So kommen die Frauen also ans Grab und ihre Gedanken sind ganz und gar auf den Toten und ganz und gar auf Abschiednehmen ausgerichtet. Etwas anderes geht nicht in den Kopf, geschweige denn ins Herz.
Und nun ist auf einmal der Stein weg und der Leichnam ist weg. Stattdessen finden sie einen jungen Mann mit einem leuchtendweißen Gewand – für ihre damalige Vorstellung eine Himmelgestalt, ein Engel.
„Und sie entsetzten sich", heißt es in den Worten Martin Luthers. Sich ent-setzen, das bedeutet ursprünglich „aus dem Sitz geraten". Das griechische Wort im Urtext wäre besser mit „neben sich stehen, den Stand verlieren, den Boden unter den Füßen verlieren“ zu übersetzen. Wir würden heute vielleicht sagen: Sie haben einen Schock erlitten. Einen Schock bekommt man, wenn man etwas nicht verarbeiten kann. Ein Schock macht sprachlos und hilflos und kopflos.
Der Schock, er mag daher gekommen sein, dass sie nun nicht tun können, worauf alle ihre Gedanken ausgerichtet waren. Sie haben ihnen nicht nur ihren Herrn und Meister genommen, sondern jetzt sogar noch seinen Leichnam. Und: Die Begegnung mit einem Engel, also mit dem Göttlichen, mit einer anderen Dimension, sie bedeutet immer einen Schock, so lesen wir in der Bibel.
Entsetzt euch nicht! Ihr sucht Jesus von Nazareth, den Gekreuzigten. Er ist auferstanden, er ist nicht hier. Siehe da die Stätte, wo sie ihn hinlegten.
So hören sie. Aber wahrscheinlich hören sie nur, was sie in diesem Moment fassen können: „Er ist nicht hier." Und sie hören nicht: „Er ist auferstanden.", weil das über ihre Fassungskraft hinausgeht. Rückwärts gewandt, wie sie in ihrer Lage nun einmal sind, können sie die Botschaft der Auferstehung, die nach vorne weist, nicht aufnehmen. Im Schock rennen sie davon. Und der Schock macht sie sprachlos. Später erst werden sie begreifen, was der Engel weiter sagte:
7 Geht aber hin und sagt seinen Jüngern und Petrus, dass er vor euch hingehen wird nach Galiläa; dort werdet ihr ihn sehen, wie er euch gesagt hat.

Wie kann man Ostern glauben?

Wie entsteht also nun Osterglaube? Damals, aber auch bei unseren Zeitgenossen heute. Wie erfährt man die Kraft der Auferstehung und den Glauben an den Auferstandenen?
Das habe ich verstanden: Osterglaube entsteht nicht durch die Botschaft von der Auferstehung, die ja nur die Ohren und den Verstand erreicht. Osterglaube entsteht durch Erfahrung: Osterglaube entsteht, indem man den Auferstandenen in seinem Leben als lebendig erfährt. Indem er einem im Alltag begegnet wie bei den zwei Jüngern aus Emmaus. Indem man ihm v.a. dann begegnet, wenn man gar nicht mit ihm rechnet.

Prüfen Sie sich doch einmal selbst. Sagen Sie: Die Auferstehung Jesu muss man als Christ ganz einfach glauben. Das gehört zum Kern unseres Glaubens. Das ist das Zentrum.
Oder könnten Sie auch auf die Frage antworten: Wo und wie ist Ihnen der Auferstandene im Leben begegnet? Welche Gottesbegegnungen haben Sie gestärkt und Ihren Glauben gefestigt? Inwiefern können Sie sagen, dass man Gott im Leben erfahren kann? ...

Und damit ist Predigen eigentlich am Ende. Jetzt müsste man sich entweder ins stille Kämmerlein zurückziehen und die Fragen in der Stille bedenken. Oder wir müssten miteinander ins Gespräch kommen und einer dem anderen von seinen Glaubenserfahrungen berichten. Ich kann es also nur anreißen:
Vielleicht begegnet uns der Auferstandene, wenn wir nicht weiterwissen und dann doch von irgendwo her ein Lichtlein kommt.
Vielleicht begegnet er uns, wenn wir im Gebet Gewissheit geschenkt bekommen.
Vielleicht begegnet er uns, wenn wir in großer Not Hilfe erfahren, vielleicht aber auch, wo wir Unweigerliches annehmen und tragen können.
Vielleicht begegnet er uns in dem Frieden, den uns ein Gottesdienst, eine Abendmahlsfeier, ein inniges Lied oder eine Meditation schenken.

Nehmen Sie den Auferstandenen doch im Alltag beim Wort: Sagen Sie Danke, wenn sie seine Nähe erfahren. Fragen Sie hartnäckig „Wo bist du?", wenn Sie ihn vermissen.
Ich bleibe dabei: Erst, wer den Auferstandenen im Alltag erfährt, der kann die Auferstehung so richtig glauben.
Amen

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Michael Thein • Pfarrer • Kaulbachstraße 2b• 95447 Bayreuth • Tel. 0921-65378 • Fax 03222-2426857

mic.thein@t-online.de www.michael-thein.de