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predigt[e].de

Die Predigt vom 1. Juni 2003 (Exaudi):
»Gott an meiner Seite«

Kirchenjahr
Informationen zum Kirchenjahr
Der Ort der Predigt im Kirchenjahr
Die Evangelische Kirche beging den 6. Sonntag nach Ostern, Exaudi. Sein Thema ist die Bitte um den Heiligen Geist. Evangelium und Predigttext dieses Sonntags (s.u.) war die Ankündigung des "Trösters" in Johannes 15. (Aus aktuellem Anlass gekürzt auf die ersten beiden Verse.) Epistel ist die Bitte um Kraft in Epheser 3.
Predigttext
Sie können Texte auch online nachlesen. Bibellinks finden Sie unter Glaube und Leben.
Der Predigttext
Jesus sprach zu seinen Jüngern: 26 Wenn aber der Tröster kommen wird, den ich euch senden werde vom Vater, der Geist der Wahrheit, der vom Vater ausgeht, der wird Zeugnis geben von mir. 27 Und auch ihr seid meine Zeugen, denn ihr seid von Anfang an bei mir gewesen.
Predigt
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Die Predigt
Ohne Geist geht es nicht

"Du bist wohl von allen guten Geistern verlassen." So sagt man, wenn jemand etwas völlig Unbedachtes und Unvernünftiges tut, wenn jemand handelt, ohne zu überlegen, was das für Folgen hat. Das heißt doch: Man braucht immer wieder solche geistlichen Impulse. Man kann sich nicht immer nur auf die eigene, einseitige Vernunft verlassen.

Die Bibel redet hier vom sog. "Heiligen Geist". "Heiliger" Geist, weil er von Gott kommt, weil Gott einem Impulse gibt, weil Gott einen inspiriert. Wenn Menschen eine Antenne dafür haben, dann bekommen sie von ihm die nötigen, weiterführenden Gedanken und Ideen.

Versprochener Geist

Vergewisserung und Orientierung, weiterführende Gedanken für unser Leben, die brauchen wir immer wieder neu. Das ist nicht an den Jahreslauf gebunden. Doch an diesem Sonntag zwischen Himmelfahrt und Pfingsten wird es Jahr für Jahr ganz bewusst zum Thema gemacht: An Christi Himmelfahrt wird daran erinnert, wie der sichtbare Jesus damals seine Jünger verlassen hat. Für ihre Augen war er nicht mehr greifbar, weil er in eine andere Dimension hinein gegangen ist. Doch sie sollten trotzdem nicht alleine sein. Das war der Kernsatz des Evangeliums vom Donnerstag aus Lukas 24: 49 Siehe, ich will auf euch herabsenden, was mein Vater verheißen hat. Ihr aber sollt in der Stadt bleiben, bis ihr ausgerüstet werdet mit Kraft aus der Höhe. "Kraft aus der Höhe", Kraft von oben bekommen Menschen von Gott. Das ist der Kern der Botschaft von Pfingsten.

Erbetener Geist

Der heutige Sonntag aber, zwischen Himmelfahrt und Pfingsten, zwischen Versprechen und Erfüllung, erinnert daran, dass man um solche Kraft bitten muss. Wer alleine zurechtkommen will, der muss auch alleine zurechtkommen. Gott drängt sich niemandem auf. Wer aber seine Grenzen kennt, wer zugeben kann, dass er immer wieder Impulse und Orientierung braucht, der wird nicht umsonst darum bitten. Während der Evangelist Lukas also den Heiligen Geist als "Kraft von oben" beschreibt, verwendet der Evangelist Johannes gerne einen anderen Begriff, den Martin Luther in seiner deutschen Bibelübersetzung mit dem Wort "Tröster" wiedergegeben hat. Das ist der Kernsatz des heutigen Evangeliums aus Johannes Kapitel 15: Jesus sprach zu seinen Jüngern:

26 Wenn aber der Tröster kommen wird, den ich euch senden werde vom Vater, der Geist der Wahrheit, der vom Vater ausgeht, der wird Zeugnis geben von mir. 27 Und auch ihr seid meine Zeugen, denn ihr seid von Anfang an bei mir gewesen.

"Tröster", das ist eine eher unglückliche Übersetzung des entsprechenden griechischen Wortes. "Fürsprecher", "Beistand" oder "Anwalt". Das wäre treffender. "Helfer" so übersetzt die sog. "Gute-Nachricht-Bibel", die bewusst moderne Übersetzung. Wörtlich steht da: einer, den man sich zur Unterstützung herbeiruft. Einen Rechts-Beistand, einen Anwalt, sucht man sich in juristischen Fragen. Geistlichen Beistand braucht man, wenn man ein seelisches Problem nicht alleine lösen kann. So soll man nach Johannes den Heiligen Geist verstehen: als Beistand, der da ist, der neben einem ist, wenn man ihn braucht.

Erfahrungen mit dem Geist

Jesus sprach zu seinen Jüngern: 26 Wenn aber der Beistand kommen wird, den ich euch senden werde vom Vater, der Geist der Wahrheit, der vom Vater ausgeht, der wird Zeugnis geben von mir. 27 Und auch ihr seid meine Zeugen, denn ihr seid von Anfang an bei mir gewesen. "Er wird Zeugnis geben von mir." Das heißt in einfachen Worten: Wer solche überraschende Kraft von oben bekommt, dem wird klar, dass es Gott gibt. Um wem das klar geworden ist, der wird es auch anderen weitersagen, der wird selber Zeuge werden. Zwei wichtige Dinge wünschen wir euch Konfirmanden damit: Ihr sollt Gott als Beistand erfahren. Und wenn Ihr erwachsen werdet im Glauben, dann sollt ihr den Mut haben, auch anderen davon zu erzählen.

Kraft von oben bekommen. Gott als Beistand erfahren. Das geht eigentlich nur, so lese ich hier, wenn Menschen Zeugen werden, d.h. wenn sie sich gegenseitig ihre Erfahrungen erzählen und dadurch einander ermutigen. Da zeigt sich aber auch ein Problem unserer üblichen Gottesdienste: Man kann nicht ins Gespräch kommen, wie das z.B. im Familiengottesdienst oder in unserem "Gottesdienst - einmal anders" der Fall ist. Eigentlich müssten die einen sagen können: "Da und dort bräuchte ich Beistand." Und die anderen müssten antworten können: "Da und dort habe ich Gott als Beistand erlebt." Jugendliche müssten Erwachsene interviewen. Anfänger im Glauben – und das ist unabhängig vom Alter – müssten sich Rat holen bei Fortgeschrittenen.

Nötiger Geist

Wo brauchen Menschen Kraft von oben, einen Beistand, einen Helfer, Impulse und Ideen? In der Schule vielleicht, wenn die eigene Vernunft und Kraft nicht ausreicht. Im Umgang mit anderen, wenn einen der Mut verlässt und man sich ganz klein und unbedeutend fühlt. Bei der Frage nach dem Sinn des eigenen Lebens. Warum man überhaupt da ist und wozu. Bei der Vielfalt der heutigen Angebote: Wo soll ich mitmachen und wo nicht? Was ist gut für mich und was nicht? Wo sind Versuchungen, denen ich widerstehen muss?

Erfahrungen mit dem Geist

Und was könnten dann andere erzählen, die schon ihre Erfahrungen mit Gott gemacht haben und mit seinem Heiligen Geist, der da war, als man ihn brauchte? Manche würden es vielleicht in Worte fassen mit dem alten Spruch: "Immer, wenn du meinst, es geht nicht mehr, kommt von irgendwo ein Lichtlein her." Da war auf einmal Kraft, wo man sich ohnmächtig fühlte. Da war auf einmal Mut, wo man Angst hatte. Da waren auf einmal die richtigen Worte, wo man sprachlos war. Da ging einem auf einmal ein Licht auf, wo man nicht wusste, wie es jetzt weitergehen soll. Das alles ist Heiliger Geist, Kraft von oben, unerwarteter Beistand. Den wünschen wir Euch Konfirmanden. Und wir wünschen ihn auch uns. Amen

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Michael Thein • Pfarrer • Kaulbachstraße 2b• 95447 Bayreuth • Tel. 0921-65378 • Fax 03222-2426857

mic.thein@t-online.de www.michael-thein.de