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Die Predigt |
Was hat das mit
meinem Leben zu tun?
Das ist eine Grundregel im Kirchenjahr: Am 1. Feiertag der großen
Feste wird Gottes Tun verkündigt und am 2. Feiertag wird dann
gefragt: Was hat das nun mit uns zu tun?
1. Weihnachtsfeiertag: Gott wird Mensch. 2. Feiertag: Was bedeutet
das für mein Leben? 1. Pfingstfeiertag: Gott sendet seinen Geist.
2. Feiertag: Was bewirkt das in meinem Leben? Ostersonntag: Gott entreißt
Jesus den Händen des Todes. Das Leben siegt über den Tod.
Ostermontag: Was hat das für Folgen für mein Leben? So lesen
wir bei Paulus im 1. Brief an die Korinther. Ich begnüge mich
mit den abschließenden Versen:
(Am Ende) wird erfüllt werden das Wort, das geschrieben steht
(Jesaja 25,8; Hosea 13,14): »Der Tod ist verschlungen vom Sieg.
55 Tod, wo ist dein Sieg? Tod, wo ist dein Stachel?« 57 Gott
aber sei Dank, der uns den Sieg gibt durch unsern Herrn Jesus Christus!
58 Darum, meine lieben Brüder, (und ich füge hinzu: meine
lieben Schwestern) seid fest, unerschütterlich und nehmt immer
zu in dem Werk des Herrn, weil ihr wisst, dass eure Arbeit nicht vergeblich
ist in dem Herrn.
Leben mit dem Auferstandenen im Rücken
Weil das Leben gesiegt hat, sind unser Leben, unsere Arbeit, unser
Mühen nicht vergeblich. Und wenn es doch weiterhin Tod und Krankheit
und Misserfolg gibt, so haben sie nicht das letzte Wort. Wenn heute
jemand zu kämpfen hat, dann soll er wissen, dass er den Auferstandenen
stärkend im Rücken hat.
Leben als Kampf gegen den Tod mit dem Auferstandenen im Rücken.
Das bringt für mich das Osterlied, das nach diesen Versen des
Paulus gedichtet ist, besonders gut zum Ausdruck. „O Tod, wo
ist dein Stachel nun.“ Im Gesangbuch die Nr. 113. Ein Lied des
Königsberger Kirchenmusikers Georg Weissel. Mit diesen Versen
zusammen will ich in Form einer Liedpredigt den Predigttext auslegen.
Dem Tod sind die Zähne gezogen
1. O Tod, wo ist dein Stachel nun? / Wo ist dein Sieg, o Hölle?
/ Was kann uns jetzt der Teufel tun, / wie grausam er sich stelle?
/ Gott sei gedankt, der uns den Sieg / so herrlich hat nach diesem
Krieg / durch Jesus Christ gegeben!
Einen Kampf, einen regelrechten Krieg hat Jesus durch seine Auferweckung
gegen alles Böse und Lebensfeindliche errungen. Schon zu seinen
Lebzeiten hat er sich den Krankheiten des Leibes und der Seele machtvoll
entgegen gestellt. Zeichenhaft aber nur hat er den Tod überwunden,
wenn ein Mensch durch ihn wieder ins Leben zurückgeholt wurde,
um später aber dann doch zu sterben wie z.B. bei Lazarus oder
der Tochter des Jairus.
Nun aber hat der Gegner endgültig verloren. Im Bild: Sein Stachel
ist ihm gezogen. Vermutlich ist hier an den Stachel des Skorpions
als Bild für das Böse und Lebensfeindliche gedacht. Wir
würden vielleicht mit anderen Bildern sagen: Mit Ostern sind
dem Tod die Zähne gezogen. Dem Raubtier sind die Krallen gestutzt.
Keine Macht ist stärker als die des Auferstandenen:
Denn ich bin gewiss, dass weder Tod noch Leben, weder Engel noch
Mächte noch Gewalten ... uns scheiden kann von der Liebe Gottes,
die in Christus Jesus ist, unserm Herrn. (Röm 8,38f)
Wir singen die erste Strophe des Liedes 113.
Vom Kampf Gut gegen Böse
2. Wie sträubte sich die alte Schlang, / da Christus mit
ihr kämpfte! / Mit List und Macht sie auf ihn drang, / und dennoch
er sie dämpfte. / Ob sie ihn in die Ferse sticht, / so sieget
sie doch darum nicht, / der Kopf ist ihr zertreten.
Das Böse gibt nicht einfach auf. Georg Weissel erinnert daran,
dass der Kampf Gut gegen Böse von Grund auf zur Weltgeschichte
gehört. Schon im Paradies will die Schlange den Menschen von
Gott abbringen. Und dann heißt es im 1. Buch Mose:
Und ich will Feindschaft setzen zwischen dir und der Frau und
zwischen deinem Nachkommen und ihrem Nachkommen; der soll dir den
Kopf zertreten, und du wirst ihn in die Ferse stechen. (Gen 1,15)
Dieses Bild vom Menschen, der der Schlange den Kopf zertreten werde,
ist schon bald von den ersten Christen auf Jesus, den neuen Adam,
übertragen worden. Er ist der, dem das Böse nichts anhaben
kann, der den Einflüsterungen des Versuchers im Gegensatz zu
Adam und Eva nicht erliegt. Jetzt mit seiner Auferweckung hat er dem
Bösen endgültig den Kopf zertreten.
Und sollte sich, was es da und dort gibt, jemand von uns vom Bösen
bedrängt fühlen, dann kann er ihm unter Verweis auf den
Auferstandenen mutig ins Gesicht sagen: „Hebe dich hinweg von
mir, Satan!“
Wir singen die zweite Strophe des Liedes.
Niemand hält den Auferstandenen auf
3. Lebendig Christus kommt herfür, / die Feind nimmt er gefangen,
/ zerbricht der Hölle Schloß und Tür, / trägt
weg den Raub mit Prangen. / Nichts ist, das in dem Siegeslauf / den
starken Held kann halten auf, / alls liegt da überwunden.
Diese dritte Strophe ist fast wie eine Auslegung der Figur des Auferstandenen
in unserer Kirche:
Das Grab kann ihn nicht festhalten. Der Sarkophag hat keinen Deckel
mehr. Schloss und Tür des Totenreiches sind zerbrochen. Der Grabwächter
liegt ohnmächtig da. Nichts kann den Auferstandenen aufhalten.
Er hat die Siegesfahne in der Linken. Die zwei ausgestreckten Finger
der rechten Hand sind Segensgeste und Victory-Zeichen in einem.
Wir singen die dritte Strophe des Liedes.
Der Gott des Alten und Neuen Testamentes
4. Des Herren Rechte, die behält / den Sieg und ist erhöhet;
/ des Herren Rechte mächtig fällt, / was ihr entgegenstehet.
/ Tod, Teufel, Höll und alle Feind / durch Christi Sieg bezwungen
seind, / ihr Zorn ist kraftlos worden.
Georg Weissel legt die Osterbotschaft mit Versen aus dem Alten und
Neuen Testament aus, die schon den Ostersieg andeuten. Nach der Erinnerung
an die Schlange der Versuchungsgeschichte nun ein weiterer biblischer
Anklang. Im Introitus für Ostern singen wir aus Psalm 118:
Man singt mit Freuden vom Sieg in den Hütten der Gerechten:
Die Rechte des HERRN behält den Sieg! Die Rechte des HERRN ist
erhöht; die Rechte des HERRN behält den Sieg! (Ps 118)
Gott, der Herr, der Schöpfer, der Gott des Alten und des Neuen
Testaments selber ist am Werk in der Osternacht. Jesus ist nicht aus
eigener Kraft auferstanden, sondern Gott hat ihn auferweckt und damit
sein Leiden und Sterben bestätigt. Ohne Ostern wäre das
Kreuz ein Scheitern. Die Erwartungen des Alten Testamentes und die
Erfüllung des Neuen Testamentes kommen an Ostern zusammen.
Wir singen die vierte Strophe des Liedes.
Jesus hat die Bahn gemacht
5. Es war getötet Jesus Christ, / und sieh, er lebet wieder.
/ Weil nun das Haupt erstanden ist, / stehn wir auch auf, die Glieder.
/ So jemand Christi Worten glaubt, / im Tod und Grabe der nicht bleibt;
/ er lebt, ob er gleich stirbet.
Und nun in der fünften bis siebten Strophe die Botschaft des
2. Osterfeiertages: Was hat das mit uns zu tun? Weil der Tod Jesus
nicht festhalten konnte, kann auch uns der Tod nicht mehr endgültig
festhalten. Jesus ist der Erste. Er hat die Bresche geschlagen. Er
hat die Bahn gemacht, auf der wir hinterdrein können. Sein Sieg
ist auch unser Sieg. Durch die Taufe gehören wir zum Leib Christi.
Wo der Kopf durchgeht, so sagt eine alte Lebensweisheit, da geht auch
der Rest durch.
Und Weissel schließt wieder mit biblischen Worten. Jesus zu
Martha in Johannes 11:
Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, der
wird leben, auch wenn er stirbt; und wer da lebt und glaubt an mich,
der wird nimmermehr sterben. Glaubst du das? (Joh 11,25f)
Ja, wer das glaubt, so sagt Georg Weissel, den können Tod und
Grab nicht festhalten. Der geht zwar durch den Tod und der kommt ins
Grab, aber das ist seit Ostern nicht das Ende.
Wir singen die fünfte Strophe des Liedes.
Auferstehung mitten im Leben
6. Wer täglich hier durch wahre Reu / mit Christus auferstehet,
/ ist dort vom andern Tode frei, / derselb ihn nicht angehet. / Genommen
ist dem Tod die Macht, / Unschuld und Leben / wiederbracht und unvergänglich
Wesen.
Wenn jemand seinen Tag glaubend beginnt, dann ist jedes Aufstehen
am Morgen ein tägliches neues Auferstehen, dann ist jeder neue
Morgen ein kleines Ostern.
Wenn jemand in seinem Leben zur Besinnung kommt und merkt, was anders
werden muss, und dann auch neue Wege geht, dann ist auch das eine
Art Auferstehung mitten im Leben. Dann gibt es neues Leben schon heute
und jetzt, nicht erst irgendwann nach dem Tod.
Und wieder greift Georg Weissel am Ende der Strophe Worte auf, nämlich
die Osterbotschaft im 2. Brief an Timotheus:
Christus Jesus, der dem Tode die Macht genommen und das Leben
und ein unvergängliches Wesen ans Licht gebracht hat durch das
Evangelium (2. Tim 1,10)
Wir singen die sechste Strophe des Liedes.
Ostern ist keine Vertröstung
7. Das ist die reiche Osterbeut, / der wir teilhaftig werden:
/ Fried, Freude, Heil, Gerechtigkeit / im Himmel und auf Erden. /
Hier sind wir still und warten fort, / bis unser Leib wird ähnlich
dort / Christi verklärtem Leibe.
Wie eine Beute trägt Jesus aus seinem Kampf gegen das Böse
sein Leben davon, sagt Georg Weissel. Das Leben, das kann ihm niemand
mehr wegnehmen. Das lässt er sich nie wieder entreißen.
Und wir, die wir mit ihm siegen, dürfen auch unsere Beute mitnehmen.
Auch uns kann man nun Friede, Freude, Heil und Gerechtigkeit nicht
mehr wegnehmen. Und das gilt nicht erst irgendwann im Himmel, sondern
jetzt schon auf der Erde. Die Osterbotschaft ist keine billige Vertröstung
auf später, und auch wir sollten sie nicht dazu verkommen lassen:
Wer aus der Osterbotschaft lebt, sucht und findet jetzt schon inneren
Frieden, auch wenn es an äußerem Frieden fehlt.
Wer aus der Osterbotschaft lebt, sucht und findet jetzt schon Freude,
weil sich für ihn die Sicht des Lebens verändert.
Wer aus der Osterbotschaft lebt, dem gilt das Heil jetzt schon.
Wer aus der Osterbotschaft lebt, der braucht sich die Gerechtigkeit
vor Gott nicht mehr selbst zu erkämpfen, denn Christus hat sie
für ihn erkämpft und er darf sie sich schenken lassen.
Und doch, so sagt Georg Weissel, steht das letzte Wort noch aus. Das
letzte Ziel ist erst dann erreicht, wenn uns dann am Ende der Auferstandene
in seine Auferstehung mit hinein nimmt, wenn wir diesen irdischen
Leib verlassen und ihm gleich werden.
Und bis dahin kämpfen wir uns durch: In dem Wissen, dass uns
der Auferstandene jeden Weg voraus gegangen ist. Und in dem Wissen,
dass wir ihn seit Ostern im Rücken haben.
Wir singen die siebte Strophe des Liedes. |
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