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Die Predigt vom 1. Januar 2007 (Neujahr):
»Neue Wege wagen«

Kirchenjahr
Informationen zum Kirchenjahr
Der Ort der Predigt im Kirchenjahr
Die Evangelische Kirche beging den Neujahrstag. Sein Thema ist das Anfangen im Namen Gottes. Evangelium (1. Lesung) war Jesu Antrittspredigt in Nazareth und Epistel (2. Lesung) die Mahnung des Jakobs "So Gott will!". Als Predigttext habe ich die Jahreslosung 2007 (Jes 43,19a) ausgewählt:
Predigttext
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Der Predigttext
Gott spricht: „Siehe, ich will ein Neues schaffen, jetzt wächst es auf, erkennt ihr’s denn nicht?“
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Die Predigt
Das unbekannte Neue

Da braucht man kein Prophet sein: Das neue Jahr wird jedem von uns Neues bringen. Was? Das wissen wir nicht. Wir ahnen vielleicht die Bereiche, wo sich etwas tun wird, weil sich jetzt schon Entwicklungen abzeichnen: In der Familie. Beruflich. Gesundheitlich.
Gar zu gern möchte mancher natürlich Genaueres wissen und spielt mit den Möglichkeiten: Bleigießen. Eines der allgemeinen Horoskope lesen. Eines aus westlicher Tradition oder auch ein chinesisches. Sich gar ein eigenes persönliches Horoskop stellen lassen. Und was es sonst noch gibt. ...
Solange es ein Spiel bleibt, kann man es mit einem Lächeln abtun. Wehe aber, wenn jemand meint, er wolle ernsthaft Zukunft in den Griff kriegen. Der muss gewärtig sein, dass ihn solche Praktiken auf einmal selber im Griff haben.

Die Tradition der Losungen

Unsere christliche Tradition lässt die Zukunft offen, weil sie in Gottes Hand liegt, und nicht von irgendwelchen Gesetzmäßigkeiten vorherbestimmt ist. Aber: Eine Botschaft in Form eines Gotteswortes bekommen, eine Botschaft, was da werden könnte, das kennt auch die christliche Tradition in Form der Losungen.
Losung, das kommt aus dem Bereich des Militärs: Da gab es und gibt es die Tageslosung am Morgen beim Antreten. Im 18. Jhd. hat Nikolaus von Zinzendorf diesen weltlichen Brauch für seine Brüdergemeine in Herrnhut übernommen. Aus einer Vielzahl von Kärtchen mit Bibelworten ließ er eines als Gottesbotschaft für den jeweiligen Tag ziehen. Das Losungsbüchlein mit zwei Bibelworten für jeden Tag entstand. Später kam auch die sog. Jahreslosung hinzu. Und es gibt christliche Gemeinden, wo zu Jahresbeginn Menschen aus einer großen Schale mit Bibelworten sich ein ganz persönliches Gotteswort für das neue Jahr ziehen. Oder manche schlagen blind die Bibel auf und lassen sich von Gott zu irgendeinem Wort hinführen.
Im Rahmen der persönlichen Frömmigkeit darf jeder seinen Weg finden, wenn er Seines nur nicht verallgemeinert.

Die Jahreslosung für das Jahr 2007

Gedanken zur Jahreslosung will ich Ihnen weitersagen. Das können nur allgemeine Gedanken sein, weil Gott mit jeder und jedem seine eigene Geschichte hat und seinen eigenen Weg geht.
Aber von dieser Überzeugung gehe ich aus: Gott hat mit dir und mit mir in diesem Jahr einen eigenen Weg vor, einen, den es zu entdecken gilt. In diesem Sinne lese und verstehe ich die Jahreslosung für das Jahr 2007 aus dem Propheten Jesaja, Kapitel 43, Vers 19. Sie haben ein Kärtchen am Eingang bekommen:
Gott spricht: „Siehe, ich will ein Neues schaffen, jetzt wächst es auf, erkennt ihr’s denn nicht?“
Ich gehe Stück für Stück an den Worten entlang:

Wachsen und reifen

Siehe, ich will ein Neues schaffen.
Wie ich schon zu Beginn sagte: Dazu muss man kein Prophet sein. Es wird für jeden Neues geben in diesem Jahr. So oder so. In dieser Hinsicht würde also die Jahreslosung überhaupt nichts Neues bringen. Nur in diesem Sinne hat sie Bedeutung: Für dich und mit dir hat Gott in diesem Jahr etwas Neues vor. Etwas, was zu deinem Lebensweg gehört. Etwas, was dich weiterbringt, dich wachsen und reifen lässt. Etwas Gutes oder Positives in unseren menschlichen Augen? Ich weiß es nicht. Gott kann durch verschiedene Dinge reifen lassen.

Gott ist am Werk

Siehe, ich will ein Neues schaffen.
Das ist für mich fast wie eine Auslegung der Epistel: Es wird Neues geben. Aber nicht unter dem Gesichtspunkt: Das und das habe ich mir an Neuem und Anderem vorgenommen. Das plane ich. Jenes soll werden. Sondern mit den Worten aus dem Jakobusbrief: „Wenn der Herr will und wir leben, werden wir dies und das tun.“
Das Neue, das ganz gewiss kommen wird, kommt durch Gott und nicht durch meine Planung. Das ist auch an der Wortwahl abzulesen: Siehe, ich will ein Neues schaffen. Schaffen: Dasselbe Wort wie zu Beginn von Welt und Zeit. Schöpfung. Das kann nur Gott. Wenn Neues im Leben entsteht, ist Gott, der Schöpfer lebensschaffend am Werk.

Das neue Jahr als Entdeckungsreise

Siehe, ich will ein Neues schaffen.
Siehe, das heißt: Wenn du entdecken willst, was Gott mit dir vor hat, dann musst du in deinem Leben und auf deinem Lebensweg die Augen aufmachen. Du musst die Entwicklungen und Weichenstellungen, die sich abzeichnen, aufmerksam verfolgen. Siehe! Das heißt: Gott hat mit jedem von uns etwas vor. Wir müssen es nicht erst erfinden. Es ist da. Es liegt bereit. Wir müssen es entdecken.
Wie wäre das: Vom ersten Tag an an das neue Jahr herangehen, als wäre es eine Entdeckungsreise, eine Reise voller Überraschungen? Nicht einfach eine langweilige und zufällige Abfolge von Tagen, wo man sich nur wieder mal wundert, wie schnell doch die Zeit vergeht.

Wachsen lassen

Siehe, ich will ein Neues schaffen. Jetzt wächst es auf.
Wenn wir jetzt Schnee hätten, wäre vielleicht die Wintersaat darunter und wir hätten ein schönes Bild für das Wirken Gottes: Verborgen unter der weißen Decke tut sich etwas. Man kann es noch nicht sehen. Aber ganz bestimmt: Es tut sich etwas. Auch in der Kälte. Auch in angeblich lebensfeindlicher Umgebung.
Das ist das erste, nicht nur in der Landwirtschaft: Darauf vertrauen, dass sich etwas tut, auch wenn man es nicht gleich sieht. Und dann an den grünen Spitzchen nicht gedankenlos vorbeigehen.
Und dann das zweite, nicht nur in der Landwirtschaft: Wachsen lassen, ist nicht unser Geschäft, sondern dankbar zuschauen und staunen.

Wenn der Horizont eng ist

Siehe, ich will ein Neues schaffen. Jetzt wächst es auf. Erkennt ihr’s denn nicht?
Die Worte des Jesaja waren damals an die Menschen im babylonischen Exil gerichtet: Nach der Zerstörung Jerusalems und des Tempels durch die neue Großmacht der damaligen Zeit saßen sie verschleppt, ausgesiedelt im fernen Zweistromland: Menschen ohne Perspektive. Heimatlos, trostlos.
Wer in einer solchen Situation ist, hat automatisch einen engen Horizont. Er kann nur zu Boden schauen. Er sieht nur das Nächstliegende. Er sieht nur seine Lage. Er lebt wie ein Pferd mit Scheuklappen.
Da tut sich etwas. Viele andere, alle anderen ahnen es schon. Aber du siehst nichts. „Aber ihre Augen waren gehalten.“ So heißt es bei den Emmausjüngern, die traurig voranstapfen und den auferstandenen Jesus nicht erkennen können, der neben ihnen geht. Sie hängen ganz der Vergangenheit und dem Verlust nach und sehen nur, was nicht mehr ist.

Den neuen Wegen trauen

Perspektive, das brauchen wir mit einem Fremdwort. Per-spektive: Durch-schauen, durch-blicken. Und das geht oft nicht anders, als dass uns jemand an die Seite tritt, ein paar Schritte mit uns geht, uns die Augen öffnet und dann fragt: Siehst du’s wirklich nicht? Selbst Perspektive finden und anderen Perspektive vermitteln.

Ein kleines Stückchen gehe ich noch weiter, ein Stückchen über die Jahreslosung hinaus, die nur der erste Teil eines Bibelverses ist:

Siehe, ich will ein Neues schaffen. Jetzt wächst es auf. Erkennt ihr’s denn nicht? Ich mache einen Weg in der Wüste und Wasserströme in der Einöde.
Was ist unter anderem das Neue, was Gott mit dir und mit mir vor hat: Er weiß einen Weg. Er weiß einen Weg, wo wir noch keinen sehen. Er sieht Leben, wo wir erst noch Dürre sehen.
Sich neue Wege zeigen lassen im Jahr 2007 und neue Wege wagen:

„Vertraut den neuen Wegen, auf die der Herr uns weist, weil Leben heißt: sich regen, weil Leben wandern heißt. Seit leuchtend Gottes Bogen am hohen Himmel stand, sind Menschen ausgezogen in das gelobte Land.“

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Michael Thein • Pfarrer • Kaulbachstraße 2b• 95447 Bayreuth • Tel. 0921-65378 • Fax 03222-2426857

mic.thein@t-online.de www.michael-thein.de