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Die Predigt vom 11. März 2007 (Okuli):
»Mut zum Leben und zum Glauben«

Kirchenjahr
Informationen zum Kirchenjahr
Der Ort der Predigt im Kirchenjahr
Die Evangelische Kirche beging den Sonntag Okuli. Sein Thema ist die Nachfolge. Evangelium (1. Lesung) waren Jesu harten Worte zur Nachfolge und Epistel (2. Lesung) ein Aufruf zu konsequentem christlichen Leben. Einen Tag vor dem 400. Geburtstags des Liederdichters Paul Gerhardt ging die Predigt über sein Lied „Ich singe dir mit Herz und Mund“.
Predigttext
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Der Predigttext
(Liedtext siehe unten in der Predigt.)
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Die Predigt
Fröhliche Lieder gegen die traurige Zeit

Am 12. März 1607, also morgen vor 400 Jahren wurde der Liederdichter Paul Gerhardt geboren. Er ist mitten im 30jährigen Krieg aufgewachsen und hat um sich herum und in der Familie viel Leid gesehen. Nach seinem Theologiestudium arbeitete er erst als Hauslehrer in Berlin. Pfarrstellen und Gemeinden, die einen Pfarrer ernähren konnten, gab es in dem Drunter und Drüber der Nachkriegszeit erst einmal nur wenige.
In dieser Zeit als Hauslehrer entstehen seine ersten Lieder. Mit fröhlichen Glaubens- und Vertrauenslieder dichtet er gegen die schlimme Zeit an. Aufgrund seines Glaubens ist er der sprichwörtliche Optimist, der immer das halbvolle und nicht das halbleere Glas sieht. Er blickt hoffnungsvoll vor aus und hält immer daran fest, dass Gott bessere Tage schenken wird. Das, was jetzt ist, hat nicht das letzte Wort.
Eine zweite Schaffensperiode folgt, als er 1651 44jährig seine erste Pfarrstelle erhält: in Mittenwalde, südlich von Berlin. In diese Zeit gehört auch das Lied, das wir jetzt miteinander und mit dem Chor durchsingen und durchdenken wollen. Nr. 324 im Gesangbuch: „Ich singe dir mit Herz und Mund“.
Sehr viel ist zu diesem Lied wegen seiner weitgehend verständlichen Sprache eigentlich gar nicht zu sagen. Wichtig ist v.a., seinen Aufbau zu verstehen. Wichtig ist, sich durch den Glauben Paul Gerhardts den eigenen Glauben stärken zu lassen.

18 Strophen hat das Lied. (Paul Gerhardts Lieder haben meistens viele Strophen und werden selten ganz gesungen.) Aus drei Teilen besteht das Lied, dreimal sechs Strophen. 1-6: Was Gott uns im Alltag alles Gutes tut. 7-12: Was Gott uns persönlich schenkt in guten und in bösen Tagen. 13-18: Dass wir Mut zum Glauben und Leben haben sollen.

Was Gott uns im Alltag Gutes tut

Die ersten sechs Strophen: Paul Gerhardt besingt Gottes Wohltaten in unserem Alltag. Alles, was man allzu leicht vergisst, was man leicht für selbstverständlich erachtet, worauf man immer wieder neu gestoßen werden muss.
In der ersten drei Strophen wendet er sich an Gott. Sie sind wie ein Glaubensbekenntnis. Paul Gerhardt singt von seinem Glauben und von seiner Überzeugung.

1. Ich singe dir mit Herz und Mund, Herr, meines Herzens Lust; ich sing und mach auf Erden kund, was mir von dir bewusst.
Die erste Strophe ist die Überschrift: In diesem Lied will Paul Gerhardt sagen, was er von Gott weiß, was er im Laufe seines Lebens gelernt hat, was ihm nun also von Gott bewusst ist. Er singt mit Herz und Mund. Er singt innerlich und äußerlich. Er singt still und hörbar. Er singt für sich und er lädt andere, lädt uns zum Mitsingen ein. Was ihm von Gott bewusst ist, das soll die ganze Welt wissen.

2. Ich weiß, dass du der Brunn der Gnad und ewge Quelle bist, daraus uns allen früh und spat viel Heil und Gutes fließt.
Was weiß Paul Gerhardt von Gott? Was ist ihm von Gott bewusst? Gott ist wie ein Brunnen, wie eine Quelle. Aber nicht ein Brunnen, aus dem Wasser fließt, sondern ein Brunnen, aus dem Gnade fließt. Heil und Gutes kommt aus Gott. Früh und spat, früh und spät, den ganzen Tag.

3. Was sind wir doch? Was haben wir auf dieser ganzen Erd, das uns, o Vater, nicht von dir allein gegeben werd?
Aus dem, was uns Gott täglich schenkt, leben wir. Was wir bekommen, kommt von ihm, von wem sonst? Wir können es uns nicht alleine und aus eigener Kraft schenken. Was sind wir denn schon? Ohne, dass er täglich für uns sorgt, sind wir nichts.

Der Kirchenchor singt die ersten drei Strophen, davon die erste als Kanon.

Was man allzu leicht vergisst

Von Gottes täglichen Wohltaten singen die ersten sechs Strophen. Erst richtete sich Paul Gerhardt an Gott, und nun an die Hörer, an uns und andere. Und er fragt uns: Was meinst du denn, wo alles her kommt, was da täglich um dich herum ist? Meinst du gar, es ist selbstverständlich? Hast du dich vielleicht allzu sehr daran gewöhnt?
4. Wer hat das schöne Himmelszelt hoch über uns gesetzt? Wer ist es, der uns unser Feld mit Tau und Regen netzt?
Schau nach oben. Wer, meinst du, hat den Himmel gemacht. Hoch über uns. Wer, meinst du, schenkt uns den Regen, den die Felder brauchen? Du selbst vielleicht?

5. Wer wärmet uns in Kält und Frost? Wer schützt uns vor dem Wind? Wer macht es, dass man Öl und Most zu seinen Zeiten find't?
Wer, meinst du, sorgt dafür, dass wir im Winter nicht erfrieren? Dass wir keine Sturmkatastrophen haben? Dass die Natur zur rechten Zeit ihren Ertrag schenkt? Liegt das vielleicht in deiner Macht, Mensch?

6. Wer gibt uns Leben und Geblüt? Wer hält mit seiner Hand den güldnen, werten, edlen Fried in unserm Vaterland?
Wer schenkt und erhält uns das Leben und die Gesundheit? Wer hat nach dem 30jährigen Krieg Frieden geschenkt? Wer hat uns seit dem 2. Weltkrieg den Frieden erhalten? Ist das vielleicht unser Verdienst?

Wir singen miteinander die Strophen 4-6.

Was Gott uns persönlich schenkt in guten und in bösen Tagen

Von Gottes Wohltaten im Alltag. Von dem, was wir leicht für selbstverständlich halten, handelten die ersten sechs Strophen. Wer macht das alles? Wer erhält das alles? Wer schenkt es uns? Paul Gerhardt gibt die Antwort und wendet sich dazu an Gott. Du, Gott, bist es, der uns das alles schenkt. Sechs Strophen über die Natur, über die Schöpfung.
Nun folgen sechs Strophen über den Menschen. Nicht was Gott in der Natur ums uns herum, sondern was er in unserem persönlichen Leben Gutes tut. Und die sind wiederum geteilt: Drei Strophen über die guten Tage und drei Strophen über die bösen Tage.

7. Ach Herr, mein Gott, das kommt von dir, du, du musst alles tun, du hältst die Wach an unsrer Tür und lässt uns sicher ruhn.
Gott, du wachst über uns. Du gibst auf uns acht. Du sorgst für uns. Du schenkst uns Sicherheit. Wenn wir dich haben, können wir uns ruhig und ohne Angst zu Bett legen.

8. Du nährest uns von Jahr zu Jahr, bleibst immer fromm und treu und stehst uns, wenn wir in Gefahr geraten, treulich bei.
Du, Gott, schenkst uns, was wir zum Leben brauchen. Du bist treu. Wenn wir in Gefahr geraten, bist du an unserer Seite. Zuverlässig bist du. (Das ist die ursprüngliche Bedeutung des Wortes „fromm“, wie wir es auch von „O Gott, du frommer Gott“ kennen. Der fromme Gott ist der gute und verlässliche Gott.)

9. Du strafst uns Sünder mit Geduld und schlägst nicht allzusehr, ja endlich nimmst du unsre Schuld und wirfst sie in das Meer.
Wenn wir etwas Böses tun, Gott, dann hast du lange Geduld mit uns, bevor du uns strafst. Ja, und wenn du dann wirklich strafen musst, dann nicht allzu sehr. So wie ein Vater, der mächtig ausholt, um dann kurz zuvor doch abzubremsen. Ja, am Ende behaftest du uns nicht bei unserer Schuld, sondern vergibst sie uns und nimmst sie uns weg, dorthin, wo das Meer am tiefsten ist und wo niemand mehr heran kommt.

Wir singen miteinander die Strophen 7-9.

In guten wie in bösen Tagen

Drei Strophen über das, was Gott uns in guten Zeiten schenkt. Und nun auch die bösen Tage. Auch da ist er an unserer Seite:
10. Wenn unser Herze seufzt und schreit, wirst du gar leicht erweicht und gibst uns, was uns hoch erfreut und dir zur Ehr gereicht.
Wenn es uns schlecht geht, wenn wir leiden müssen, wenn wir bloß noch seufzen oder schreien können, dann hörst du uns. Du lässt dich erweichen. Du stellst dich nicht taub. Du schenkst uns, was uns wieder froh macht.

11. Du zählst, wie oft ein Christe wein und was sein Kummer sei; kein Zähr- und Tränlein ist so klein, du hebst und legst es bei.
Du kennst unseren Kummer. Du weißt, was uns bedrückt und was uns Not macht. Du kennst die stillen und heimlichen Tränen, die wir weinen, wenn uns niemand zuschaut. Jede noch so kleine Träne kennst du.

12. Du füllst des Lebens Mangel aus mit dem, was ewig steht, und führst uns in des Himmels Haus, wenn uns die Erd entgeht.
Wenn uns auch an weltlichen Dingen manches fehlt, so schenkst du uns auf jeden Fall genug von den Dingen, die wirklich zählen. Immer wenige brauchen wir im Laufe des Lebens. Ja, wenn dann zuletzt unsere Zeit zu Ende ist, dann führst du uns zu dir nach Hause.

Hören Sie die Strophen 10-12 vom Chor.

Mut zum Leben und zum Glauben

Zuerst also sechs Strophen, was Gott uns in der Natur schenkt. Dann sechs Strophen, wie er zu uns hält in guten und in bösen Tagen. Und weil das alles so ist, nun in noch einmal sechs Strophen der zuversichtliche Blick nach vorne.
Auch die Anrede wechselt wieder: Nachdem in den zweiten sechs Strophen Gott angeredet war und gelobt wurde, wendet sich Paul Gerhardt nun wieder seinen Hören zu: Also, wenn du im Rückblick auf dein Leben und im genauen Hinschauen Gott so erlebt hast, wie ich gerade gesungen habe, dann verlass dich drauf, dass das auch in Zukunft so sein wird. Fasse Mut zum Leben, schöpfe Zuversicht und Hoffnung:

13. Wohlauf, mein Herze, sing und spring und habe guten Mut! Dein Gott, der Ursprung aller Ding, ist selbst und bleibt dein Gut.
Wen Paul Gerhardt genau anredet, ist nicht eindeutig zu entscheiden: „Mein Herze“: Damit könnte er seine Frau meinen, der er manches Lied gedichtet hat und die er ermutigen wollte. „Mein Herz, meine liebe Frau, habe guten Mut.“ Denkbar ist es, denn auch im Lied „Geh aus, mein Herz, und suche Freud“ meint er mit großer Wahrscheinlichkeit seine Frau, die v.a. durch den Tod des ersten Kindes sehr bedrückt und depressiv war. „Geh raus“, sagt er ist, „geh raus in die Natur. Schau dich um, wie schön die Welt ist. Verkriech dich nicht in deinen Kummer.“
Egal, ob er mit „mein Herz“ seine Ehefrau meint oder auch sich selbst. Wir brauchen es nicht entscheiden: Uns macht er Mut mit seinen Worten:
Fasse Mut. Freu dich am Leben. Singe. Gott, von dem alles Gute kommt, ist und bleibt dir treu. Darauf kannst du dich verlassen.

14. Er ist dein Schatz, dein Erb und Teil, dein Glanz und Freudenlicht, dein Schirm und Schild, dein Hilf und Heil, schafft Rat und lässt dich nicht.
Passende Namen sucht Paul Gerhardt für Gott, für den Gott, auf den man sich verlassen kann. So wertvoll wie ein Schatz. So verlässlich wie ein Erbe, das man ganz gewiss bekommt. Hell wie Glanz und Licht. Beschützend wie ein Schirm und ein Schild. Helfer und Heiland. Ratgeber, der dich nicht verlässt.

15. Was kränkst du dich in deinem Sinn und grämst dich Tag und Nacht? Nimm deine Sorg und wirf sie hin auf den, der dich gemacht.
Also, wenn das alles so ist, warum lässt du dich von deinem momentanen Leid so überwältigen? Dass du ganz krank wirst und vergrämt? Du kannst dir nicht selbst heraushelfen. Gott aber will es und wird es tun. Der dein Leben gemacht hat, der wird auch deine Sorgen wenden können.

Wir singen die Strophen 13-15.

Das Leben vorwärts leben aber rückwärts verstehen

Und nun sozusagen das Finale: Wenn das so ist, dass du im Rückblick auf dein Leben sagen kannst: Immer wieder hat mir Gott geholfen. Dann verlass dich auch in der Zukunft auf ihn!
16. Hat er dich nicht von Jugend auf versorget und ernährt? Wie manches schweren Unglücks Lauf hat er zurückgekehrt!
War das nicht schon öfter so, wenn du in dein Leben zurück schaust? Hast du nicht von Jugend auf letztlich immer bekommen, was du brauchst? Hat Gott nicht immer wieder Dinge zum Guten gewendet?

17. Er hat noch niemals was versehn in seinem Regiment, nein, was er tut und lässt geschehn, das nimmt ein gutes End.
Gott sitzt im Regiment. Gott regiert. Gott hat die Fäden deines Lebens in seiner Hand. Meinst du, es ist ihm etwas misslungen, wenn es nicht so war, wie du wolltest? Hat es sich nicht im Nachhinein immer als gut und sinnvoll erwiesen? Also lass ihn doch machen. Es wird gut hinausgehen.

18. Ei nun, so lass ihn ferner tun und red ihm nicht darein, so wirst du hier im Frieden ruhn und ewig fröhlich sein.

Wir singen gemeinsam die Strophen 16-18. Bei der letzten wird uns der Chor begleiten und dann den Schlusspunkt setzen.

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Michael Thein • Pfarrer • Kaulbachstraße 2b• 95447 Bayreuth • Tel. 0921-65378 • Fax 03222-2426857

mic.thein@t-online.de www.michael-thein.de