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Die Predigt vom 7. Dezember 2008 (2. Advent):
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Kirchenjahr
Informationen zum Kirchenjahr
Der Ort der Predigt im Kirchenjahr
Die Evangelische Kirche beging den 2. Sonntag im Advent. Sein Thema ist das endgültige Kommen Gottes. Evangelium (1. Lesung) und gleichzeitig Predigttext waren Jesu Worte vom Kommen des Menschensohns nach Lukas 21 und Epistel (2. Lesung) der Aufruf zur Geduld im Jakobusbrief.
Predigttext
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Der Predigttext

25 Und es werden Zeichen geschehen an Sonne und Mond und Sternen, und auf Erden wird den Völkern bange sein, und sie werden verzagen vor dem Brausen und Wogen des Meeres, 26 und die Menschen werden vergehen vor Furcht und in Erwartung der Dinge, die kommen sollen über die ganze Erde; denn die Kräfte der Himmel werden ins Wanken kommen. 27 Und alsdann werden sie sehen den Menschensohn kommen in einer Wolke mit großer Kraft und Herrlichkeit. 28 Wenn aber dieses anfängt zu geschehen, dann seht auf und erhebt eure Häupter, weil sich eure Erlösung naht.
29 Und er sagte ihnen ein Gleichnis: Seht den Feigenbaum und alle Bäume an: 30 wenn sie jetzt ausschlagen und ihr seht es, so wißt ihr selber, daß jetzt der Sommer nahe ist. 31 So auch ihr: wenn ihr seht, daß dies alles geschieht, so wisst, dass das Reich Gottes nahe ist.

32 Wahrlich, ich sage euch: Dieses Geschlecht wird nicht vergehen, bis es alles geschieht. 33 Himmel und Erde werden vergehen; aber meine Worte vergehen nicht.

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Die Predigt
Besuch kommt

Was tun Sie, wenn Sie Besuch erwarten? Ganz egal, ob es lieber Besuch ist, oder solcher, auf den wir gerne verzichten würden? Wir bereiten uns irgendwie darauf vor. Das sieht sicher bei jedem etwas anders aus, aber es gehören doch die einfachsten Dinge dazu:
Ich werde dafür sorgen, dass der Kommende überhaupt den Weg zu mir findet. Wenn es Abend ist, werde ich für ihn ein Licht anmachen. Ich werde dafür sorgen, dass etwas zu trinken da ist. Ich werde etwas zu essen richten. Wenn er länger bleibt, ein Bett zum Schlafen.
Doch nicht nur äußerlich will ich vorbereitet sein, sondern auch innerlich: Ich werde mir meine Arbeit und meine Vorhaben rechtzeitig so einteilen, dass ich für den Gast auch Zeit und innere Aufmerksamkeit übrig habe. Ich werde mich auf ihn einstellen. Und der Gast, der da kommt, wird es spüren. Ja, vielleicht ist die innere Vorbereitung viel entscheidender als die äußere, wenn es darum geht, ob ein Gast sich willkommen fühlt.

Ein Kind kommt

Ähnlich ist es auch, wenn ein Kind kommt. („Ein Kind kommt.“ Das sagt man ja so schön, als käme jemand zu Besuch.) Auch wenn ein Kind kommt, bereitet man sich und anderes vor: Kleidung, Wäsche, den Koffer für den schnellen Aufbruch, Absprachen mit Freunden, Bekannten und Eltern.
Und genauso auch die innere Vorbereitung auf das Ereignis: Nicht nur die vordergründige Frage, ob's ein Junge oder ein Mädchen wird. Ja, nicht nur die Frage, ob es gesund ist oder nicht. Der neue Mensch braucht v.a. Platz in meinem Bewusstsein und in meiner Lebensplanung, die sich durch ihn deutlich ändern wird. Schon wieder ist ein kleines Kind ausgesetzt worden, weil es offenbar keinen Platz hatte: keinen Platz in der Lebensplanung einer jungen Frau, in der finanziellen und beruflichen Planung, oder weil einfach die Kraft nicht reicht. Das Kind war kein willkommener Besucher.

Advent: Gott kommt

Warum erzähle ich das heute? Ich erzähle es, weil wir als Christen im Advent bildlich gesprochen auch das Kommen eines Gastes erwarten. Und da lohnt es sich, genauso zu fragen, ob wir das tun, was sonst im Alltag ganz selbstverständlich ist: dass wir uns nämlich äußerlich und vor allem auch innerlich auf sein Kommen einrichten.
Advent – Gott kommt. Die Jünger fragen Jesus, wie das sein wird, wenn er kommt am Ende der Zeiten. Sie fragen nach dem Zeitpunkt. Sie fragen nach den Vorzeichen. So haben Sie es vorhin in der Lesung des Evangeliums gehört.

Kommt Gott bedrohlich?

Jesus sagt ihnen zuerst einmal nichts Neues. Er erinnert sie an das, was sie schon wissen, an die in der damaligen Zeit geläufigen Vorstellungen, wie das Ende sich ankündigen wird: Veränderungen am Himmel, Überflutungen, allgemeine Angst, das Wanken des ganzen Erdgebäudes.
25 Und es werden Zeichen geschehen an Sonne und Mond und Sternen, und auf Erden wird den Völkern bange sein, und sie werden verzagen vor dem Brausen und Wogen des Meeres, 26 und die Menschen werden vergehen vor Furcht und in Erwartung der Dinge, die kommen sollen über die ganze Erde; denn die Kräfte der Himmel werden ins Wanken kommen.
Dieses Evangelium will auf den ersten Blick gar nicht recht in die übliche idyllische Adventsstimmung passen. Aber vielleicht sind solche ernsten Worte ganz einfach eine nötige Korrektur. Aus zwei Gründen: Ich könnte mir denken, dass die Adventsstimmung des Evangeliums der heutigen Stimmung vieler Menschen viel näher kommt als die Idylle, die üblicherweise verbreitet wird. Denn Advent fragt: Wie geht’s weiter? Was erwarte ich mir? Wie blicke ich in die Zukunft?

Vorbereitung auf das Kommen Gottes

Und zum anderen sind die Worte des Evangeliums eine Korrektur, weil sie uns an den biblischen Charakter der Adventszeit erinnern:
Advent ist gerade noch nicht Weihnachten. Advent ist eigentlich ernste Zeit, Zeit der Vorbereitung. Wie die Passionszeit als die Zeit der inneren, ernsten Vorbereitung auf das Osterfest, war die Adventszeit von alters her eine Buß- und Fastenzeit zur Vorbereitung auf Weihnachten. Eine Zeit, in der man keine Feste feierte, auch keine Hochzeiten. Eine Zeit, in der man auf bestimmte Dinge bewusst verzichtete, um die Fülle des Festes dann noch besser aufleuchten zu lassen. Im Gottesdienst machte man es deutlich, indem man das Gloria, den fröhlichen Lobgesang, wegließ.
Und zu diesem nachdenklichen Charakter der Adventszeit gehört auch seit alters her am zweiten Advent das Nachdenken über das endgültige Kommen Gottes am Ende der Schöpfung oder am Ende meiner ganz persönlichen Lebenszeit. 2. Advent, also: zweite Ankunft, Wiederkunft Christi, entscheidende Begegnung mit ihm.

Gott kommt: Begegnung mit Jesus

Wie gesagt: Auf die Frage der Jünger, wie es weitergehen wird, verweist Jesus erst einmal auf die damals üblichen Vorstellungen. Aber da ist doch ein großer Unterschied: Zur Zeit Jesu erging man sich geradezu in grausamen und ausführlichen Schilderungen der Endereignisse. Man verbreitete eher Angst und Verzweiflung. Und mancher versuchte auch, aus dieser Angst der Menschen Kapitel zu schlagen.
Genau das Gegenteil lesen wir bei Jesus. Er redet vom kommenden Ende, nicht um Verzweiflung und Angst zu schüren, sondern gerade um Hoffnung und Zuversicht weiterzugeben. Egal, was da kommen wird, es wird für die, die ihm vertrauen, nur das Beste sein können, die Befreiung, die Rettung, die Erlösung:
28 Wenn aber dieses anfängt zu geschehen, dann seht auf und erhebt eure Häupter, weil sich eure Erlösung naht.
Und warum kann es für den Glaubenden nur das Beste sein? Warum kann er erhobenen Hauptes und hoffnungsvoll darauf zugehen? Weil da nicht etwas kommt, sondern einer, eine Person. Nicht unbekannte Ereignisse, sondern ein bekanntes Gesicht:
27 alsdann werden sie sehen den Menschensohn kommen in einer Wolke mit großer Kraft und Herrlichkeit.
Menschensohn – so hat Jesus von sich selbst gesprochen. In dem, der auf sie zukommen wird, sollen die Jünger keinen anderen als den erkennen, der zu Lebzeiten schon um sie war: Jesus. Warum sollte ihnen also das Ende, die Wiederbegegnung mit ihm, Angst machen?

Gott kommt erlösend

Das gilt unter veränderten Umständen auch für uns: Der, der am Ende für mich und für dich zum Gericht kommt, ist kein anderer als der, an den wir zu Lebzeiten geglaubt haben. Nicht das finstere Gesicht eines unbekannten Richtergottes wird uns nach den Worten Jesu dann ansehen, sondern das Gesicht dessen, der bei unserer Taufe auch für alle Zukunft gültig gesagt hat: „Ich habe dich erlöst. Ich habe dich bei deinem Namen gerufen. Du bist mein.“

Gott richtet zurecht

Das heißt nicht, dass es damit am Gericht vorbeiginge. Der, der da kommt, will sehr wohl ge-richtete, vorbereitete Menschen vorfinden, denen man abspüren kann, dass sie sich auf diesen Gast ein-gerichtet haben. Und wer sich nicht selbst gerichtet hat, wird dann gewiss auch gerichtet werden: Gerichtet weniger im Sinne einer Aburteilung, wie wir es meist einseitig drohend verstehen, sondern im Sinne eines Zurecht-gerichtet-werdens. Und was könnten wir uns Besseres wünschen als, dass am Ende, vielleicht auch schmerzhaft, zurecht gebracht wird, was nicht in Ordnung ist an uns.
33 Himmel und Erde werden vergehen; aber meine Worte vergehen nicht.
Das Vertrauen, dass es gut hinausgeht, darf jeder Glaubende schöpfen aus der Zusage, die Gott ihm bei seiner Taufe gegeben hat. Sie galt gestern, gilt heute und auch in alle Zukunft. Amen

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Michael Thein • Pfarrer • Kaulbachstraße 2b• 95447 Bayreuth • Tel. 0921-65378 • Fax 03222-2426857

mic.thein@t-online.de www.michael-thein.de