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predigt[e].de

Die Predigt vom 8. Februar 2004 (3. Sonntag vor der Passionszeit):
»Auch Glaube ist Training«

Kirchenjahr
Informationen zum Kirchenjahr
Der Ort der Predigt im Kirchenjahr
Die Evangelische Kirche beging den 3. Sonntag vor der Passionszeit mit Namen Septuagesimä (70 Tage vor Ostern). Sein Thema ist die unverdiente Gnade. Evangelium dieses Sonntags ist das Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg. Epistel und Predigttext (s.u.) war ein Abschnitt aus dem 1. Brief des Paulus an die Korinther Kapitel 9:
Predigttext
Sie können den Text auch online nachlesen. Weitere Bibellinks finden Sie unter Glaube und Leben.
Der Predigttext
24 Wisst ihr nicht, dass die, die in der Kampfbahn laufen, die laufen alle, aber einer empfängt den Siegespreis? Lauft so, dass ihr ihn erlangt. 25 Jeder aber, der kämpft, enthält sich aller Dinge; jene nun, damit sie einen vergänglichen Kranz empfangen, wir aber einen unvergänglichen. 26 Ich aber laufe nicht wie aufs Ungewisse; ich kämpfe mit der Faust, nicht wie einer, der in die Luft schlägt, 27 sondern ich bezwinge meinen Leib und zähme ihn, damit ich nicht andern predige und selbst verwerflich werde.
 
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Die Predigt

Das Leben als Kampf

"Ich habe in meinem Leben ganz schön kämpfen müssen, Herr Pfarrer."
Das höre ich in der Generation der Senioren immer wieder einmal. Es ist mir eingefallen beim Lesen des Predigttextes, wo Paulus das Leben und
den Glauben mit einem Wettkampf vergleicht. "Ich habe in meinem Leben ganz schön kämpfen müssen." Der frühe Tod des Ehepartners, allein
mit den Kindern und gleichzeitig arbeiten müssen. Das Haus erhalten. Manche von Ihnen werden dabei vielleicht an das eigene Leben erinnert und nicken dann innerlich zustimmend: Ein Kampf ist das Leben oft genug. Immer wieder kommen Dinge auf einen zu, denen man sich stellen muss, die zu bewältigen sind. Und das gilt nicht unbedingt nur für die Kriegsgeneration.
Doch, Gott sei Dank, höre ich das meistens nicht resignierend und mutlos, sondern verbunden mit dem Bekenntnis, dass Gott die zu einem solchen Kämpfen nötige Kraft immer wieder auch geschenkt hat.

Paulus muss kämpfen

Kämpfen. In der Verantwortung vor Gott seine Kräfte und Fähigkeiten einsetzen, um ein Ziel zu erreichen. Ähnlich redet auch der Apostel Paulus
von sich und seinem Leben in den Worten der heutigen Epistel, einem Auszug aus seinem Brief an die Gemeindeglieder in Korinth.


24 Wisst ihr nicht, dass die, die in der Kampfbahn laufen, die laufen
alle, aber einer empfängt den Siegespreis? Lauft so, dass ihr ihn erlangt.
25 Jeder aber, der kämpft, enthält sich aller Dinge; jene nun, damit sie
einen vergänglichen Kranz empfangen, wir aber einen unvergänglichen.
26 Ich aber laufe nicht wie aufs Ungewisse; ich kämpfe mit der Faust,
nicht wie einer, der in die Luft schlägt, 27 sondern ich bezwinge
meinen Leib und zähme ihn, damit ich nicht andern predige und selbst
verwerflich werde.

Glaube und Leistungssport?

"Wisst ihr nicht?" beginnt Paulus. Er will eine geistliche Sache erklären und sucht als Anknüpfung ein passendes Bild aus dem Lebensalltag. So hat es Jesus in seinen sog. Gleichnissen auch gemacht. Wieso kommt Paulus gerade auf dieses kämpferische Bild vom Laufen und Boxen? Man fragt sich unwillkürlich, ob das wirklich für den Glauben das passende Bild ist. Gottes Liebe ist Geschenk. So haben wir im Evangelium von den Arbeitern im Weinberg gehört. Auch die, die unverschuldet als Letzte drankommen, bekommen noch, was sie zum Leben brauchen.
"Wisst ihr nicht?" Vielleicht erinnert er damit an die sog. isthmischen Spiele, einem großen Sportfest, das alle zwei Jahre in der Nähe von Korinth stattfand. (Damals ein großer Wettkampf für ganz Griechenland neben den Olympischen Spielen alle vier Jahre.) Zur Disziplin Fünfkampf gehörten u.a. der Lauf im Stadion und der Faustkampf. Die Athleten bereiteten sich auf diese Spiele monatelang konsequent vor und verzichteten in dieser Zeit u.a. auf Fleisch, Alkohol und auch Sexualität.

So ähnlich ist es bei mir, sagt Paulus: Auch ich habe ein festes Ziel vor Augen und ordne dem alles andere unter. In seinem Brief an die Gemeinde in Korinth ist Paulus in einer Verteidigungsposition. Gegner dort hatten ihm
vorgeworfen, er sei als Apostel schwach und unfähig. Vielleicht betont er auch deswegen seine Kämpfe und Anstrengungen für die gute Sache, für die er in Gottes Namen unterwegs war.


Der Vergleich hinkt

Leben als Lauf. Das Bild passt schon. Und da ähnelt das Leben wohl weniger der Kurzstrecke, sondern eher dem Langstreckenlauf, manchmal dem Hindernislauf. Leben als Lauf: Wir sind als Christen miteinander auf dem Weg. Wir haben ein Ziel vor Augen. Wir sollen nicht aufs Geradewohl rennen. Wir sollen uns auch nicht faul zur Ruhe setzen. Wir sollen und dürfen uns im Leben bewähren.
Und doch hinken alle Vergleiche an einer bestimmten Stelle. So ist es auch hier: Es geht im Glauben, es geht beim Ziel, das Gott unserem Leben gesetzt hat, nicht darum, dass nur einer gewinnen und den Sieg davontragen kann. Es geht nicht um Konkurrenz. Wir sollen einander nicht ausstechen und überrunden wollen. Wir sollen ganz im Gegensatz zu einem Wettkampf denen, die nicht so schnell mitkommen, unter die Arme greifen, und denen, die fallen, wieder aufhelfen.

Training ist alles

Wahrscheinlich hat Paulus vor allem die konsequente Vorbereitung der Athleten imponiert. Die Konsequenz, mit der sie trainiert haben. Das feste Ziel vor Augen, dem sie alles andere untergeordnet haben:


25 Jeder aber, der kämpft, enthält sich aller Dinge. 26 Ich laufe nicht wie aufs Ungewisse; ich kämpfe mit der Faust, nicht wie einer, der in die Luft schlägt, 27 sondern ich bezwinge meinen Leib und zähme ihn.

Das Bild vom edlen Wettkampf. Natürlich hat sich das Aussehen des Sports seit des Paulus Zeiten gehörig gewandelt. Wenn Paulus damals schon gewusst hätte, wie das einmal werden würde mit dem Doping, mit der Werbung, mit der Vermarktung des Sports. Wie schnell ein hoch gelobter Sieger wieder gnadenlos in der Versenkung verschwinden kann. Vielleicht wäre er dann mit diesem Bild vorsichtiger umgegangen. Und auch das andere hinterlässt Fragen, wie Paulus mit seinem Leib, mit seinem Körper umgegangen ist: Er boxt nicht gegen jemand anders, so sagt er im Bild, sondern gegen sich selbst. Er hat auf seinem Missionsreisen, er hat bei der Verfolgung seines Ziels keine Rücksicht genommen auf sich und seine Gesundheit. Darf man das heute, wo so viele sich durch Arbeit, Stress und übertriebene Freizeitgestaltung auch körperlich kaputt machen, so betonen, wie Paulus es damals nochgetan hat? Müssten wir nicht eher mit der Hl. Teresa von Avila betonen: "Tue deinem Leib Gutes, damit deine Seele darin wohnen kann."

Das Ziel vor Augen behalten

Doch das eine, das dem Paulus wohl am wichtigsten war, das bleibt mir doch bei seinem Gleichnis: Leben und Glauben mit einem festen Ziel vor Augen und auch dem Willen, dieses Ziel zu erreichen.
Einen vergänglichen Siegeskranz haben die Athleten damals erhalten, sagt Paulus. Ein Kranz aus Fichtenzweigen sei es gewesen, habe ich gelesen. Ein Kranz, der verdorrt und verwelkt und für den man sich später nichts mehr kaufen kann. Wie schnell ist der Ruhm vorbei! Wie schnell vergessen die Menschen! Wer mit Gott und im Blick auf Gott seinen Lebenslauf bestreiten, dem winkt aber, sagt Paulus, ein unvergänglicher Kranz. Der erlebt jetzt schon täglich, wie es im Evangelium geheißen hat, dass er bekommt, was er braucht. Dass Gott ihn nicht fallen lässt. Dass Gott nicht der Gott der Sieger ist, sondern der Gott derer, die am Morgen fragen: Wie werde ich diesen Tag heute bestehen? Und der unvergängliche Siegeskranz am Ende, was könnte das sein? Vielleicht die feste Gewissheit, dass im Glauben an Gott das Leben nie umsonst gewesen ist, sondern erfüllt ist.

Festen Boden unter die Füße

Aber, so sagt Paulus: Da musst du einfach dran bleiben. Auch der Weg zum christlichen Ziel, auch das Glaubensleben hat etwas mit dauerndem
Training zu tun. Nur durch Übung, durch Geduld und Hartnäckigkeit wirst du wirklich etwas erreichen. Wohlgemerkt: Nicht das Heil! Das schenkt Gott gratis! Aber doch die Festigkeit des Glaubens im Alltag, die einem nicht einfach in den Schoß fällt:
Das Beten z.B. will geduldig geübt sein. Das Gottvertrauen will geübt sein. Das Bibellesen will geübt sein. Ja, auch der Gottesdienstbesuch. Darf sich jemand, der selten betet, um dann in einer konkreten Not auf einmal zu Gott zu schreien, wundern, wenn es nicht gleich so geht, wie er gedacht hat? Darf sich jemand, dem eine Not den Boden unter den Füßen wegzuziehen droht, wundern, wenn er sich nicht vorher geduldig und immer wieder neu um solchen festen Boden unter seinen Füßen bemüht hat? Darf sich jemand wundern, wenn er wieder einmal die Bibel aufschlägt, und dann nicht auf Anhieb versteht, wenn er sich nicht vorher schon geduldig um solches Verstehen bemüht hat?
Der feste Boden unter den Füßen: Der ist da. Den hat Gott vorbereitet und geschenkt. Gott sei Dank. Doch: Den festen Stand auf diesem Boden
einüben und trainieren, das ist jede Mühe wert. Und deswegen ist es gut, dass Sie heute morgen da sind.

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Michael Thein • Pfarrer • Kaulbachstraße 2b• 95447 Bayreuth • Tel. 0921-65378 • Fax 03222-2426857

mic.thein@t-online.de www.michael-thein.de