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predigt[e].de

Die Predigt vom 1. Januar 2005 (Neujahr):
»Vom Glauben«

Kirchenjahr
Informationen zum Kirchenjahr
Der Ort der Predigt im Kirchenjahr
Die Evangelische Kirche beging den Neujahrstag. Sein Thema ist das Anfangen im Namen Gottes. Evangelium (1. Lesung) war Jesu "Antrittspredigt" in Nazareth und Epistel (2. Lesung) die Warnung des Jakobus vor hochfliegenden Plänen. Der Predigt lag die Jahreslosung 2005 (s.u.) zugrunde. Lukas 22 Vers 32:
Predigttext
Sie können den Text auch online nachlesen. Weitere Bibellinks finden Sie unter Glaube und Leben.
Der Predigttext
Ich habe für dich gebeten, dass dein Glaube nicht aufhöre.
Predigt
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Die Predigt
Die Jahreslosung 2005

Die Jahreslosung für dieses neue Jahr 2005:
"Ich habe für dich gebeten, dass dein Glaube nicht aufhöre." (Lk 22,32)

Wer redet hier und zu wem wird geredet? Wem gilt dieses Wort?
Es ist ein Wort Jesu aus dem Lukasevangelium im 22. Kapitel. Mit diesem Kapitel beginnt im Lukasevangelium die Passionsgeschichte. Einen Tag vor seinem Tod sitzen Jesus und seine Jünger beim letzten Abendmahl zusammen. Nach dem Essen kommen sie miteinander ins Gespräch. Die Jünger haben anscheinend immer noch nicht begriffen, dass es jetzt ernst wird mit dem Leiden, das Jesus schon öfter angekündigt hat. Sie rechnen
offenbar immer noch damit, dass unter seiner Führung die Gottesherrschaft anbricht, in der sie eine wichtige Rolle spielen würden. Wer würde dann von ihnen wichtiger oder größer sein? Das bereitet sie Jesus unmissverständlich
darauf vor, dass auch sie bald Anfechtungen und Versuchungen durchzustehen haben. Und er wendet sich an Simon Petrus:
31 Simon, Simon, siehe, der Satan hat begehrt, euch zu sieben wie den Weizen. 32 Ich aber habe für dich gebeten, dass dein Glaube nicht aufhöre. Und wenn du dereinst dich bekehrst, so stärke deine Brüder.

Scheitern und Bewährung bei Petrus

So wie man früher per Hand mit einem Sieb die Spreu von den Weizenkörnern getrennt hat, so wird sich in den Anfechtungen und Versuchungen zeigen, wessen Glaube sich bewährt, und wessen Glaube nicht. Und auch Petrus ist vor dem Versagen nicht gefeit. Wir kennen die Geschichte seiner Verleugnung: Als einziger wagt er sich nach der Gefangennahme Jesu noch in den Hof des Palastes. Aber aus Angst wird er leugnen, dass er mit diesem Jesus etwas zu tun hat. Und trotz dieses Versagens nimmt ihn der Auferstandene ein paar Tage später in seinen Dienst und überträgt ihm die Verantwortung für die anderen Jünger. 32 Ich aber habe für dich gebeten, dass dein Glaube nicht aufhöre. Und wenn du dereinst dich bekehrst, so stärke deine Brüder.

Petrus als Paradebeispiel

Direkt angeredet ist nur Petrus. Ihm wird Verantwortung übertragen. Doch was den Zweifel angeht, die Versuchung, das Angefochtensein, das
Versagen – damit steht Petrus nur stellvertretend für alle anderen Jünger. Sicher ist er in den Evangelien sehr herausgehoben. Aber es besteht biblisch kein Grund, das zu interpretieren, wie es die katholische Kirche mit dem Papsttum tut: Jesus selbst habe Petrus als seinen Stellvertreter auf Erden eingesetzt. Prototyp ist Petrus sozusagen. Paradebeispiel für das, was auch andere treffen kann. Was von ihm gesagt wird, gilt von allen Jüngern. Ja, es
gilt auch heute für jeden Glaubenden. Petrus steht stellvertretend für den, dessen Glaube ins Wanken gerät. Er steht für die menschliche Seite des Glaubens. Mit "Simon" redet Jesus den Petrus an, also mit seinem ursprünglichen Namen. Als Mensch wie du und ich. "Petrus", der Fels, der Unerschütterliche, das ist er auch, aber nicht immer und vor allem nicht aus eigener Kraft.

Glaube kann zerrinnen

Ich aber habe für dich gebeten, dass dein Glaube nicht aufhöre.
Das bedeutet nichts anderes als: Glaube ist nicht unerschütterlich. Glaube ist nicht immer gleich stark. Man hat den Glauben nicht wie einen Besitz, den einen niemand nehmen kann. Glaube kann aufhören. Nur bei Lukas wird dieses griechische Wort verwendet: So wie einem der Mammon, das Geld, ausgehen kann, und so wie beim Tod Jesu das Licht der Sonne verlischt, so kann auch Glaube erlöschen. Er leuchtet nicht mehr. Er wird kalt. Er zerrinnt unmerklich zwischen den Fingern.

Wo kommt die Versuchung her?

Glaube erlischt durch Anfechtung. Glaube erlischt, indem er auf die Probe gestellt wird. Wo kommt solche Anfechtung her? Wer stellt uns auf die Probe? Unsere Bibel gibt darauf verschiedene Antworten.
31 Simon, Simon, siehe, der Satan hat begehrt, euch zu sieben wie den Weizen. 32 Ich aber habe für dich gebeten, dass dein Glaube nicht aufhöre.
Glaube wird auf die Probe gestellt wie bei Hiob. Der Satan, auf deutsch: der Versucher, bekommt von Gott begrenzte Macht. Gott lässt es zu, dass Menschen angefochten werden, dass Menschen durch ihn auf die Probe gestellt werden. Das ist nur eine Vorstellung der Bibel, nur eine von verschiedenen Antworten. An anderer Stelle wird dem Bösen jegliche Macht
abgesprochen. Und dass es so eine Art Handel zwischen Gott und dem Satan geben könnte, ist nach anderen Jesusworten wieder ganz undenkbar.
Das zeigt, dass auch die, die uns die Worte Jesu überliefert haben, mündlich und schriftlich, mit dieser Frage nicht fertig geworden sind, dass es eine bohrende Frage ist, auf die es keine eindeutige Antwort gibt.

Auch Jesus kannte die Versuchung

Auch Jesus selbst hatte Versuchungen stand zu halten: Noch vor seinem öffentlichen Auftreten muss er in der Auseinandersetzung mit dem Versucher durchkämpfen, was es bedeutet, im Rampenlicht zu stehen, was es bedeutet, dass Menschen einem an den Lippen hängen. Die Versuchung der Macht. Die Versuchung, sich selber in den Mittelpunkt zu stellen und nicht
seinen Auftrag. Die Versuchung, für sich selber etwas herauszuholen und nicht für die einem Anvertrauten da zu sein. Jeder, der in verantwortlicher Position steht, jeder, der Verantwortung für andere Menschen hat, kennt
diese tiefen Versuchungen.
Auch Jesus hätte seinen Glauben wegwerfen können. Noch vor der Gefangennahme hätte er sich aus Jerusalem absetzen und fliehen können. Und am Kreuz schreit er die tiefste Anfechtung eines Glaubenden heraus: "Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?" Aber indem er "mein
Gott" sagt, hält er doch an ihm und am Glauben fest und wird am Ende belohnt.
Ähnlich geht es dem Petrus, der erst dreimal beteuert, er kennt Jesus nicht, und dann vom Auferstandenen dreimal eindringlich gefragt wird: "Simon, Sohn des Johannes, hast du mich lieb?" (Joh 21,16-17)

Was hilft gegen die Versuchung?

Wie kam es dazu? Nicht aus des Petrus eigener Kraft. Als Jesus dem Petrus seine Anfechtungen und sein Scheitern ankündigte, hätte er ja sagen
können wie so viele heute: "Wenn es so weit ist, dann reiß dich doch in Gottes Namen zusammen! Du schaffst es schon." Nein: Ich aber habe für dich gebeten, dass dein Glaube nicht aufhöre. Jesus appelliert nicht an die eigene Kraft, sondern er steht selber vor Gott für den Glauben des Petrus ein.
Und so wie Petrus der Prototyp des Zweifelnden und Angefochtenen ist, so wie wir ganz genauso damit gemeint sind, so gilt auch einem jeden von uns dieser Zuspruch: Jesus Christus steht für deinen Glauben ein. Für deinen manchmal starken und dann wieder schwankenden, angefochtenen, zweifelnden Glauben.

Ein Jesus von Rembrandt

Diese Botschaft, dass Christus für unseren Glauben eintritt, bekommt auf dem Kärtchen mit der Jahreslosung, das Sie bekommen haben, ein Gesicht: Es ist das Gesicht Jesu aus dem sog. "Hundertguldenblatt", einer Radierung von Rembrandt. Offiziell heißt sie sehr nüchtern: "Jesus predigend". Wir sehen Jesus inmitten der Leidenden und Kranken, inmitten der Kinder, die
von ihren Eltern gebracht werden. Mit offenen Armen und Händen steht er da. Mit liebenden Augen schaut er die Menschen um sich herum an. (Quelle: www.gottesdienstinstitut.org)

Vielleicht kann Ihnen dieses Kärtchen zu einer Vergewisserung werden: Jesus Christus kennt mich. Er schaut mich an. Er tritt auch für meinen Glauben ein. Vielleicht kann es zu einer Vergewisserung werden, wenn in diesem neuen Jahr mit seinen neuen Herausforderungen Ihr Glaube brüchig zu werden droht, angefochten wird, langsam zwischen den Fingern zu zerrinnen droht.

"Aber" ist ein wichtiges Wort

Jesus Christus spricht: Ich aber habe für dich gebeten, dass dein Glaube nicht aufhöre.
Das "aber" aus dem Bibeltext ist beim Aussuchen der Jahreslosung verloren gegangen. Schade eigentlich. Gott setzt unserem Zweifel und unseren Anfechtungen, er setzt unserer begrenzten Kraft, er setzt der Macht des
Versuchers sein "Aber" entgegen.

Lassen Sie sich mit diesen Kärtchen diese Botschaft immer wieder neu sagen. Und sagen Sie sie auch anderen weiter: Es sind genügend Kärtchen da. Vielleicht brauchen Sie das eine oder andere: in einer konkreten Situation, für einen konkreten Menschen. Jesus Christus spricht: Ich habe für dich gebeten, dass dein Glaube nicht aufhöre. Amen

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Michael Thein • Pfarrer • Kaulbachstraße 2b• 95447 Bayreuth • Tel. 0921-65378 • Fax 03222-2426857

mic.thein@t-online.de www.michael-thein.de